Der Tränen lachende Kuhfladen

Die Hieroglyphen der alten Ägypter? Leicht zu entschlüsseln im Vergleich zu den Emojis, mit denen unsere Autorin seit neuestem bombardiert wird. Doch als sie Sohn und Freundin fragt, was die Dinger bedeuten, sind deren Erklärungen auch nicht gerade erhellend.

Es gibt Parteiprogramme »in einfacher Sprache«. Und es gibt Texte in großer Schrift. Ich brauche die allmählich. Aber noch viel dringender bräuchte ich eine Lupe für Emojis. Und einen Übersetzer.

Sie wissen nicht, was Emojis sind? Ohmaann, hat auch mein großer Sohn gerade gesagt. Als mein kleiner meinte: Meinst du die Smileys? Die mein’ ich. Die Icons, äh, diese winzigen Symbole, die ich jetzt andauernd getextet bekomme. Nein, Texte sind es ja nicht. Es sind Emojis. Die nennt man heutzutage so, weil...

... da bin ich wieder, hab’s mal schnell gegoogelt und paste hier ausnahmsweise Wikipedia rein:

Meistgelesen diese Woche:

»Aufgrund des ähnlichen Klanges der Begriffe werden Emojis häufig mit Emoticons verwechselt, zumal ihre Funktion und Handhabung weitestgehend identisch sind. Der Begriff Emoji ist aber weiter gefasst als der Begriff Emoticon und anders als dieser nicht auf Emotionen beschränkt, sondern wird auch für allgemeine Begriffe wie Pflanzen (🌴) und Tiere (🐫), Essen (🍇) und Trinken (🍸) oder Wetterlagen (🌂) verwendet. Diejenigen Emojis, die zum Ausdrücken von Gefühlslagen bestimmt sind und am ehesten den westlichen Smileys entsprechen, werden als Kaomoji (jap. 顔文字 bzw. かおもじ Gesichtsschriftzeichen) bezeichnet; falls die Zeichen animiert werden, auch als Kaoani (jap. 顔アニ Gesichtsanimation bzw. animiertes Gesicht), oder allgemein einfach nur kurz als Kao (jap. 顔 Gesicht).«

Da steht dann auch noch, Emojis seien »Ideogramme«. Als alte Linguistin ist mir nicht klar, ob der Fachbegriff auch aus dem Japanischen kommt, oder ob der auch der Old-School-Kommunikation stand hielte. Ideographisch, so nennt man jedenfalls Schriften, die Begriffe in Symbolen ausdrücken. Wir nähern uns also mit den Emojis in Riesenschritten den alten Hochkulturen der Ägypter und Chinesen an. Also bitte: nicht unterschätzen!

Meistens erhalte ich Emojis von Frauen. Es tut mir total leid, das jetzt sagen zu müssen, weil ich finde Frauen ja toll, oft, meistens, und will nichts gegen sie sagen müssen: Aber diese Emojis erinnern mich an die Briefe, die ich von meinen Brieffreundinnen vor 35 Jahren bekam. Und die da immer so Herzchen, Kussmünder und Smileys drauf malten. Statt Texte. Ich war wohl schon immer textfixiert. Oder habe nicht kapiert, dass das ich auf Zeichen einer ideographischen Hochkultur schaue.

Also bin ich zu meinem großen Sohn gegangen und habe gesagt: Kannst du mir bitte mal die Dinger da erklären, von denen all meine SMS wimmeln? »Ja klar«, sagt er, hilfsbereit und leicht großmäulig. Ich bin sehr froh, dass ich noch Kontakt zur Jugend habe. Er klickt sie irgendwie groß und ich denke still: Aha, die sind also wirklich winzig. Ob ich wüsste, sagt er, dass das beliebteste das sei, wo ein Smiley Tränen lacht. Sagt mein Sohn. »Und zwar muss man das von Whatsapp auf Insta kopieren, und wenn du dann was Gutes instest, kriegst du das.«

Insten! Texten is nicht. Und Email ist auch schon Neunziger. Nur dass ich nicht inste und von whatsapp zu threema gewechselt bin. Damit mich kein Facebook und kein Geheimdienst knacken kann. Leider krieg ich da kaum Messages. Weil da außer mir kaum einer ist. Aber vermutlich auch, weil meine Freundinnen lieber per SMS Emos posten. Und das gern: in einer ganzen Reihe hintereinander.

Verschwommen – ich trage seit neuestem eine 1,5-Diop-Lesebrille, die reicht aber nicht für Emojis – erkenne ich, glaub’ ich: So eine auf den Kopf gefallene Eiswaffel, aus der irgendwie Lametta raus kommt. High Heels. Einen Teufel. Einen Smiley mit Blues-Brothers-Brille. Und ein rundes Ding, das könnte sein: ein Kuhfladen oder eine Pizza mit Oliven.

Ich frage meinen Sohn: Was heißt'n das? Ist das eine geheime Botschaft? Und denke: Ergibt das als Reihe einen syntaktischen Sinn? Oder sind das die für sich stehenden Zeichen mit Symbolcharakter, also altägyptisch? Er: »Keine Ahnung, so Schuhe habe ich noch nie bekommen.« Ich: »Und der Kackhaufen da?« Er: »Ohmaaan, das ist ein Keks!«

Ich frage die Frau, die mir die Reihe geschickt hat. Die sagt, sie wüsste auch nicht, ob es was bedeutet. Aber es sei »total süß« und manchmal würden die sogar tanzen, je nach Browser. Das fehlt mir gerade noch. Dass die winzigen Dinger, deren Botschaft ich nicht verstehe, auch noch tanzen! Ich hätte ja gern dieses Zeichen aus Asterix. Das er den Römern an den Hals wünscht, wenn er so bisschen scheißwütend ist. Ich habe schon versucht, es zu googeln: Asterix Scheißwut Römer. Kommt aber kein Emoji bei raus. Vielleicht kann mir das mal einer übersetzen. Und schicken. Bald ist ja Ostern, würd mich freuen! Und bis dahin klappe ich mein Laptop zu und lese ein bisschen. In meinen Parteiprogrammen, in einfacher und in schwieriger Sprache.