Wellengang

Die schönsten Strandspaziergänge der Welt: Denn nirgends kommt man besser zur Ruhe als am Ufer des Meeres.


    CABO DA ROCA Portugal

    Der Strand ist hier die Belohnung für den Weg dorthin. Obwohl die Aussicht während dieser Wanderung ja eigentlich schon jeden der insgesamt acht Kilometer wert ist. Vom westlichsten und vielleicht windigsten Punkt Europas, dem Cabo da Roca, geht es über schmale und steinige Pfade die Atlantik-Steilküste entlang. Eine erste Erfrischung empfiehlt sich am Praia da Ursa, einer engen Bucht, zu der man hinunterklettern muss. Der Höhepunkt ist aber zum Schluss der Praia da Adraga, nahe Sintra gelegen, wo man nicht nur wunderbar baden kann, sondern im »Restaurante Dadraga« auch fangfrischen Fisch vom Grill serviert bekommt - und endlich eine cerveza.
    Patrick Bauer

    OSTENDE Belgien

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    Der Hund platscht durch die Prile, die bei Ebbe entstehen, ich ziehe die Gummistiefel aus und rase ihm hinterher wie ein Kind. Von Ostende bis Wenduine sind es ungefähr 15 Kilometer, der Strand ist unendlich breit, und ich kann, wenn ich will, die ganze Zeit barfuß durch den Sand laufen. Im »Chalet Westhinder« kurz vor Wenduine gibt es Pfannkuchen und Waffeln mit Sahne. Dahinter fährt die Kusttram, die ganze Küste entlang, ich muss also nicht einmal zurücklaufen. Besser geht’s nicht.
    Gabriela Herpell

    TENERIFFA Spanien

    Es gibt Strände zum Baden, an denen der Sand hell ist, das Wasser seicht, es nach Sonnencreme riecht, wo Bier und Eis verkauft werden und der Seewind immer ein paar Fetzen Reggaeton-Musik herumträgt. Auf Teneriffa ist das der Teresitas-Strand bei Santa Cruz. Und dann gibt es Strände wie den von Benijo an der nordöstlichen Spitze der Insel. Deren Sand ist dunkel und grob, das Wasser ist wild, und der Seewind wirbelt die Gerüche der dichten Wälder am Hang umher: Lorbeer, Eukalyptus und Muskat. Das Auto lässt man am besten in Almáciga stehen und geht am Wasser entlang, über den Strand von Benijo, bis nach etwa zwei Kilometern auf der Höhe von El Draguillo Meer und Berg kein Stück Strand mehr übrig lassen. Zu hören gibt es die ganze Zeit über nichts als die Gischt, selbst das eigene Wort wird davon verschluckt. Der Spaziergang eignet sich daher nicht für Gespräche mit anderen, aber sehr gut zum Gespräch mit sich selbst.
    Lara Fritzsche

    ROSSBEIGH BEACH Irland

    Eines der schönsten Gefühle überhaupt: die Euphorie, die das Gehirn flutet, sobald sich die Zehen in nassen Sand graben und eine sachte Brandung die Knöchel streichelt. Der Untergrund macht die Füße träge und den Atem langsam, jeder Schritt eine Dosis Endorphin. Am Rossbeigh Beach an Irlands Südwestküste fällt es leicht, sich in einen Rausch zu wandern: Auf sieben Kilometern streckt sich die Strandsichel flach dahin, die grünen Hügel der Dingle Bay rahmen den Blick. Wem das nicht Glück genug ist, der kann sich tragen lassen: Auf Pferden aus den Reitställen im nächsten Örtchen geht es auch im Galopp durch die Wellen.
    Daniela Ptok
    SENIGALLIA Italien

    Das Tempo ist entscheidend. Es darf nicht zu hoch sein, sonst kann man nicht seinen Gedanken nachhängen, nicht zu gering, sonst lässt man sich vom Strandleben ablenken. Versierte Strandgänger diktieren ganze Bücher beim Laufen. James Hillmann, ein US-Psychologe, hat das südlich von Los Angeles gemacht, aber er lief dabei in einem italienischen Strandtempo: vergleichsweise langsam, fast schlendernd, die Arme gelegentlich verschränkt, den Blick abwechselnd auf das enge Strandleben und das weite Meer gerichtet. Pier Paolo Pasolini und Federico Fellini sind so am Mittelmeer entlangspaziert und haben dabei einige Bücher und Filme entworfen. Italienische Männer tun es ihnen bis heute gleich, wenn auch kaum so produktiv, aber leidenschaftlich (und jeder zu seiner eigenen, immer gleichen Tageszeit). Hier bei Senigallia ist die Adria besonders flach, das Meer meistens ruhig: Nördlich von Ancona gibt es lange Sandstrände, nicht so weit, nicht so leer wie 500 Kilometer weiter südlich in Apulien, sondern vollgestellt mit Liegestühlen und Sonnenschirmen und lauten Menschen dazwischen - aber beim Slalom hindurch verliert man zwangsläufig Tempo und gewinnt Ruhe und Gelassenheit. Gegen Abend, wenn die Sonne tiefer steht und die ersten Badegäste gegangen sind, spaziert es sich leichter. In Senigallia kann man vom Hafen eineinhalb Stunden südlich in Richtung Ancona laufen. Bis zur Rückkehr hat das Strandrestaurant »Da Carlo« längst geöffnet, und der Kopf ist klar.
    Lars Reichardt


    KEFALONIA Griechenland

    Der Myrtos-Strand auf Kefalonia, einer der Ionischen Inseln, wird immer wieder zu den schönsten Stränden Griechenlands/Europas/der Welt gekürt - völlig zu Recht. Lang ist er nicht, ein paar hundert Meter, aber was für welche! Von oben hat man einen spektakulären Blick über die weißen Felsen hinunter, unten wird das, was man von oben sieht, Wirklichkeit: ein fast weißer Sand- und Kieselstrand, blitzsauberes, blitzblaues Wasser. Kein Hotel, kein Beachclub, bloß ein mobiler Kiosk in der Hochsaison plus Liegen und Sonnenschirme, die dann aufgestellt werden. Und die braucht man, denn man will bleiben, unbedingt.
    Susanne Schneider


    CAP FERRET Frankreich

    Cap Ferret, auf der Höhe von Bordeaux, ist ein 15 Kilometer langer Arm aus Sand, der die Bucht von Arcachon vor dem Atlantik schützt. Die Straßen, die zum Strand führen, haben schöne Namen wie Allée des Pélicans oder Rue des Rossignols. Bis man Sand unter den Füßen hat, bieten einem die Holzhäuser der Austernfischer Schutz vor dem Wind, der schon lange vorher ungeduldig an der Regenjacke zerrt. Aber: Nichts im Vergleich, wenn man wirklich am Wasser ist. Mannshoch donnern hier die Wellen, und das Wasser ist auch im Sommer selten warm genug zum Baden. Besser also einen langen Spaziergang machen und das Können der Surfer in ihren Rüstungen aus Neopren bewundern. Vier bis fünf Kilometer sind es Richtung Süden, bis zur Pointe du Cap Ferret. Während man so stapft in dieser endlosen Sinfonie aus Sand, Meer und Himmel und der Wind einem das Salz in die Haare schleudert, begegnet man kaum jemandem, ab und zu vielleicht einer gestrandeten Qualle. An der Spitze des Kaps angekommen, erhebt sich vor einem dann in der Bucht von Arcachon die Dune du Pilat, die größte Sanddüne Europas. Da hinauf- und wieder herunterzuklettern ist der Spaziergang für den nächsten Tag.
    Annabel Dillig

    Illustration: Édith Carron