Die Almhütte

Bretter, die die Welt bedeuten: Der Extrem-Kletterer Alexander Huber glaubt nicht an materiellen Besitz, aber als er die Möglichkeit hatte, eine alte Almhütte originalgetreu aufzubauen, zögerte er nicht.

Wer: Alexander Huber, Profibergsteiger, Extremkletterer
Was: Kaser (Almhütte), »Hod scho wos gekostet«
Warum: ein Stück Heimat bergen

»Das Leben ist ja vollgestopft mit Dingen, die man benutzt und verbraucht und besitzt. Ich selber reduziere mich eh schon auf ein Mindestmaß und hab kaum was derart Spezielles, Unersetzbares – auf jeden Fall keinen mobilen Gegenstand, keinen Talisman oder ähnliches, den ich ständig mit mir rumtrage. Dafür gibt es für mich etwas, das ich nicht rumtrage, sondern zu dem ich immer wieder zurückkehre. Mein Kaser.

Ich habe seit drei Jahren auf meinen knapp drei Hektar Wiesen in der Scheffau Schafe. Für einen Stall war ich auf der Suche nach Altholz. Zufällig hatte ein Freund gerade im Vorjahr den alten Sulzbergkaser am Jenner wegen eines Neubaus abgetragen. Das war meine Gelegenheit, genau das, wonach ich suchte.

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Und so bauten wir den Sulzbergkaser 100 Meter und 15 Höhenmeter von meinem Haus entfernt als Schafstall wieder auf. Mit einem guten Zimmerer und ebenso guten Freunden haben wir den Kaser Balken für Balken wieder originalgetreu zusammengesetzt. Jedes Stück ist da nummeriert, denn jeder einzelne Balken wurde seinerzeit individuell gefertigt und nur die richtigen Balken passen auch aufeinander. Die Seitenwände hinten sind 150 Jahre alt, die vorderen 70 Jahre. Ich freu mich ehrlich, dass dieser alte Kaser nicht wie so viele anderen als Brennholz verheizt wurde, sondern wieder einen schönen Platz gefunden hat.

Im Stall des Kasers ist die Box für meine zwölf bis 20 Schafe. Walliser Schwarznasenschafe, eine alte robuste Rasse, die in den Bergen zuhause ist. Und da hab ich im Moment grad einen Bock, den Ramsi, und acht Mutterschafe. Die Chefin heißt Katalin. Mit sechs Jahren ist sie die Älteste. Warum Schafe und keine Milchwirtschaft? Bergsteigen lässt sich nicht mit dem täglichen Melken vereinbaren. Die Schafe machen zwar auch Arbeit, aber die lässt sich besser takten. Im Sommer wird auf einem Teil der Wiesen Heu gemacht.

Gut 20 Heuballen brauche ich, um die Schafe durch den Winter zu bringen. Richtig fette Teile sind das, ein Ballen hat da etwa eineinhalb Meter in Durchmesser und Breite. Je nachdem wie trocken und dicht er ist, wiegt so ein Ballen zwischen 150 und 200 Kilo. Wer diesen unvergleichlichen Geruch von frischem Heu kennt, kann sich vorstellen, wie gerne ich nach einer Expedition wieder nach Hause komme. Dann setz ich mich auf die Bank vor dem Kaser und komme zur Ruhe. Und in dieser Ruhe liegt die Kraft.«

Foto: privat; ullstein bild/aslu