»Menschen verwandeln sich in Monster«

Wael Shawky ist einer der renommiertesten Gegenwartskünstler Ägyptens. In seiner Arbeit untersucht er Zäsuren und Übergänge in der Geschichte der arabischen Welt.

»Diese Zeichnung ist ein Teil eines größeren Projekts mit dem Titel Cabaret Crusades, mit dem ich während der vergangenen fünf Jahre versucht habe, die Geschehnisse der mittelalterlichen Kreuzzüge aufzuarbeiten. Es handelt sich um eine Videoinstallation, die in drei Kapitel aufgeteilt ist. Jeder Teil hat seine eigene Ästhetik, Sprache, Musik und Szenerie, stellvertretend für verschiedene Phasen dieser zerstörerischen Religionskriege.

Die Zeichnung bezieht sich auf das dritte und letzte Kapitel The Secrets of Karbala. Der Film dauert zwei Stunden und springt zwischen dem siebten und zwölften Jahrhundert hin und her. Er hebt an mit der Teilung der Muslime in Schiiten und Sunniten in der Schlacht von Kerbela 680 nach Christus und reicht bis zur Spaltung zwischen orthodoxen und katholischen Christen während des Vierten Kreuzzugs von 1202 bis 1204 – dies alles zu einem Soundtrack, der traditionelle ägyptische mit elektronischer Musik kombiniert. Für die einzelnen Charaktere habe ich Marionetten aus Murano-Glas verwendet, was dazu führt, dass diese historische Epoche ziemlich surreal und mythisch erscheint, eine Mischung aus religiöser Strenge und dramatischer Fantasie. In meinen Zeichnungen zeige ich Szenen aus dem Film: Städte verwandeln sich in Tiere, Menschen verwandeln sich in Monster – und alles zusammen zeigt den Niedergang von Zivilisation, Vertrauen und Menschlichkeit.«

Wael Shawky, geboren 1971 in Alexandria, zählt zu den renommiertesten Gegenwartskünstlern in Ägypten. Er studierte in Alexandria und den USA und stellt regelmäßig in bedeutenden Häusern aus, zum Beispiel im Museum of Modern Art in New York und der Serpentine Gallery in London. In seiner Arbeit untersucht und beschreibt Shawky Zäsuren und Übergänge gesellschaftlicher, politischer und religiöser Entwicklungen in der Geschichte der arabischen Welt.

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Credits: Courtesy of the artist and Sfeir-Semler Gallery Beirut and Hamburg; Porträtfoto: Arnika Fürgut/Kunstsammlung NRW

Porträtfoto: Arnika Fürgut