Trendgirl Aschenbrödel

Unsere Mode-Expertin hat die weihnachtlichen TV-Klassiker untersucht, mit erstaunlichem Ergebnis: Aschenbrödel tritt in der Trendfarbe des Jahres 2016 auf, Kevin ist ein Hipster und selbst die scheinbar so spießige Familie Hoppenstedt könnte einen angesagten Designer inspiriert haben.

Ob der Durchschnittsdeutsche im Weihnachtspulli, der Weltfußballer in Jogginghosen oder  lächelnde Royals im Landhaus-Chic - die Kleiderwahl an den Feiertagen verrät einiges über den Grad an heimischer Eitelkeit. Anregungen dafür finden sich allerdings nicht nur beim Blick auf die internationale A- bis F-Prominenz, sondern auch im festtäglichen Fernsehprogramm. Wir haben ein paar der beliebtesten Weihnachtsfilm- und Fernsehklassiker auf ihre Stilsicherheit geprüft.

Drei Haselnüsse für Aschenbrödel

In Sachen Kostüme steht der tschechisch-deutsche Exportschlager von 1973 einem Peter-Jackson-Epos in nichts nach: hier wird geklotzt, nicht gekleckert. Aschenbrödels Kleider demonstrieren dabei ihre Verwandlung vom Hausmädchen (braun-graue Lumpen) zur Prinzessin (Brokat und Chiffon) auf besonders eindrückliche Weise. Mit ihrem androgynen Jagdoutfit war Aschenbrödel ihrer Zeit und der heutigen Diskussion um Unisex-Mode weit voraus und wer die Lederleggings erfunden hat, wissen wir nun auch endlich. Ebenfalls von modischer Relevanz ist ihr zartrosa Umhang beim heimlichen Ballbesuch - Capes gibt es diesen Winter bei jedem Hersteller von H&M bis Valentino, und Rose Quartz wurde von Pantone kürzlich Farbe des Jahres 2016 gewählt. Aber auch Aschenbrödels Ballkleid scheint erst letztes Jahr einem (Hobby-)Designer als Inspiration gedient zu haben - eine Kopie des Kleides wurde im Februar 2014 aus einer Ausstellung am Drehort des Films gestohlen, drei Monate später jedoch zurückgeschickt.

Wird getragen von: Prinz Eisenherz, Besuchern von Mittelalterfestivals, Björk
Wird getragen mit: Langer Unterhose, Nierenwärmer
Bloß nicht vergessen: Den zweiten Schuh
Trageanlass: Junggesellinnenabschied im Kostümverleih
Nicht zu verwechseln mit: Sissi, Polstermöbeln
Diente als Designvorlage für: Vivienne Westwood

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Weihnachten bei Hoppenstedts
Loriots Klassiker führt uns vor Augen, wie forcierte Besinnlichkeit und Traditionen am Feiertag zum genauen Gegenteil der angestrebten »Gemütlichkeit« führen können. Ebenso gewollt kommen auch die Outfits der gesamten Familie Hoppenstedt daher - Mutter Hoppenstedt hat sogar Kind Dicki in Fönfrisur, Fliege und Bügelfaltenhose gesteckt. Dieser Look könnte im Jahr 2015 aus der Feder von Gucci-Designer Alessandro Michele stammen - der Italiener fasziniert gerade die gesamte Modewelt mit seinen Entwürfen der Marke »neue Spießigkeit«.

Wird getragen von: Computer-Nerds
Wird getragen mit: Krawatte, Pullunder, Fönfrisur
Bloß nicht vergessen: Lametta
Trageanlass: Vorstandswahl im Geflügelzuchtverein
Nicht zu verwechseln mit: Gemütlichkeit
Dient heute als Designvorlage für: Gucci

Der kleine Lord
Der kleine Lord schafft es in diesem Weihnachtsklassiker, das Herz seines grimmigen Großvaters zu erweichen, des Earl von Dorincourt, die steife aristokratische Kleiderordnung durchbricht er jedoch nicht. Wichtig sind hier vor allem die Accessoires: Die langen schwarzen Roben werden mit mehrfach gestärkten weißen Steh- oder Spitzenkrägen aufgehübscht, dazu trägt der Blaublüter Gesichtshaar und überdimensionierte Hüte, auf die selbst Pharrell Williams neidisch wäre. Das italienische Designerduo Dolce & Gabbana hätte heute seine helle Freude an den schwarzen Spitzen-Looks.

Wird getragen von: Der Graf/Unheilig, verkappten Geschichtsstudenten
Wird getragen mit: Binde-Kragen, Tafelsilber
Bloß nicht vergessen: Koteletten stehen lassen
Trageanlass: Hochzeit von Gothic-Fans, Kutschausflug nach Harvard
Nicht zu verwechseln mit: Michel aus Lönneberga, Healthgoth
Dient als Designvorlage für: Dolce & Gabbana

Kevin - allein zu Haus
Kevin McCallister hat seinen Stil schon früh gefunden. Während die meisten von uns ihren Pyjama wohl gar nicht erst ablegen würden, wenn sie Weihnachten allein zu Haus verbrächten, ist Kevin auch bei seinem einsamen Fest stets winterlich-geschmackvoll gekleidet. Er hat ein Faible für Strickpullis mit Zopfmuster, Flanellhemden und Cordhosen und beherrschte damit bereits vor 25 Jahren den heute als Normcore gefeierten »Normalo-Stil« in Perfektion. Besonders zeitgemäß ist auch sein Styling im zweiten Teil Kevin - allein in New York: Mit Parka, Rucksack und Bommelmütze sieht er aus wie frisch eingekleidet von Urban Outfitters.

Wird getragen von: Normcore-Hipstern, Urban-Outfitters-Verkäufern
Wird getragen mit: Schokoladen- und Pizzaflecken
Bloß nicht vergessen: Kevin
Trageanlass: Weihnachtsurlaub in Nordamerika
Nicht zu verwechseln mit: Richie Rich
Dient als Designvorlage für: Tommy Hilfiger, Ralph Lauren

Fotos: DPA