Liebe zukünftige Lieblingsfrau

In der Liebe noch einmal ganz von vorne anfangen müssen – Tausende kennen dieses Gefühl. Michalis Pantelouris ist einer davon. Für das SZ-Magazin schreibt er von nun an Briefe an seine Zukünftige.

Foto: Stephanie Pfaender

Liebe zukünftige Lieblingsfrau,

ich werde so wahnsinnig müde, wenn ich daran denke, dass ich mich nochmal komplett erklären muss. Alles von vorne: Wer ich bin und wo ich herkomme, mein Verhältnis zu meinen Eltern und Schwestern und warum ich mit über 40 immer noch keine eigene Frisur habe, sondern einfach immer die benutze, die meine Friseurin mir gerade mitgibt. Deshalb dachte ich, jetzt mache ich es einmal so: Ich schreibe mit, dann muss ich es dir nur zeigen, wenn du irgendwann auftauchst. Oder falls ich dich irgendwann angucke und feststelle, dass du längst da bist.

Vielleicht waren wir neulich zusammen bei einer Vernissage, was eine überragend gute Umgebung ist für ein erstes Date, falls es das war. Ich mochte das, als du mir gezeigt hast, welches dein Lieblingsbild ist, und ich hatte das Gefühl, ich hätte etwas über dich erfahren, auch wenn ich beim drüber Nachdenken nicht den Hauch einer Idee habe, was. Es ist nicht so konkret wie Musik. Oder Bücher. Oder Filme. Das ist nämlich das Ding, wenn man sich erklären muss: Man legt so viel fest, am Anfang, und dann dauert es ewig, bis man drüber weg ist.

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Ich weine jedes einzelne Mal am Schluss von Armageddon, und ja, ich weiß, dass der Film cheesy ist. Ich möchte bitte nicht darüber definiert werden. Aber wie viele Arthouse-Filme muss man im Original mit Untertiteln zusammen gucken, bis man einmal bei Armageddon als 19. Wiederholung nachts auf Pro 7 weinen darf, ohne dass es heißt, man hätte einen schrottigen Filmgeschmack? Bilder sind einfacher. Bildende Kunst muss schon brachial abstoßend sein, damit man richtig verachtet werden kann für ein Bild, das einem nunmal gefällt.

Ich mochte das Bild, das dein Lieblingsbild war an diesem Abend. Ich würde es im Leben nicht wiedererkennen, weil ich in Wahrheit fasziniert darauf geguckt habe, wie du deine Bierflasche gehalten hast und wie du den Mund spöttisch verziehst, bevor du lachst. Und wie du dann lachst. Das ist die gute Seite daran, wenn man noch einmal anfangen muss. Oder kann. Dass man so kleine Dinge mag. Dass man bemerkt, was man lieben würde, wenn es dazu käme, und bereit ist, so viel Tolles zu sehen. Aber was mache ich, wenn das alles so bleibt? Dann muss ich dich irgendwann meinen Eltern vorstellen, was einfach wird und gleichzeitig sehr schwer, weil ich immer zu dir gucken werde und mir vorstellen, dass du gerade denkst, ah, jetzt verstehe ich, warum er so und so ist, das hat er von seinem Vater. Muss ich da wirklich nochmal durch?

Ich bin so müde, ich weiß gerade nicht, wo die Energie herkommen soll. Und auf der anderen Seite glaube ich, dass sie kommt, wenn sie kommen muss. Oder sagen wir: Ich hoffe es.

Übrigens, zu meiner Verteidigung, nur so als Gedanke: David Beckham hat in einem Interview gesagt, er weine jedes Mal bei Armageddon. Das ist vielleicht nicht das beste Vorbild für Kunstgeschmack, das sehe ich ein, aber hey, David Beckham!

Gehst du nochmal mit mir aus? Es muss ja nichts bedeuten. Nicht gleich. Vielleicht nie. Aber vorsichtshalber gehen wir nicht ins Kino. Oder gerade. Was weiß ich denn?

Vielleicht schreibe ich das für dich.