»Ich bekomme einen sehr nahen Eindruck, auch vom Privatleben«

Wer den Bundespräsidenten wirklich gut kennt? Seine Personenschützerin.

Wir beschützen das Amt und nicht die Person. Seit 2000 war ich für wechselnde Außenminister zuständig. Im März bin ich nach der Wahl Frank-Walter Steinmeiers zum Bundespräsidenten ins Bundespräsidialamt gewechselt - ein gewachsenes, gegenseitiges Vertrauensverhältnis ist für unsere Arbeit sehr hilfreich. Deswegen hat der Bundespräsident unser Team mitgenommen.

Die Bezeichnung »Bodyguard« mag ich gar nicht. Im Fernsehen sieht man nur, wie wir grimmig gucken, dabei eine Autotür öffnen. Aber drum herum passiert viel mehr. In der Regel teilen wir uns zwei Schichten, die Frühschicht holt die Schutzperson morgens ab, die Spätschicht bringt sie wieder nach Hause. Oft müssen auch kurzfristig Reisen in teils unsichere Länder geplant werden. Man kann lernen, besonders aufmerksam zu sein, das ist ein wichtiger Teil unserer Ausbildung. Aber was man auch lernen muss, ist aufmerksam zu bleiben, insbesondere an langen Tagen. Abends, nach Feierabend, bemerkt man erst die Anspannung des Tages. Je weniger etwas planbar ist, desto stressiger ist es für mich; geht er jetzt doch nach links, Selfies machen? Ich unterstelle nicht jedem etwas Böses, aber ich habe schon ein gesundes Misstrauen gegenüber Menschen, das hat jeder Polizist. Zum Glück kommt es hierzulande nicht oft zu Angriffen auf Politiker. Wenn, dann sind es Beleidigungen gegen die Schutzperson, die darf ich nicht persönlich nehmen. Als Personenschützer ist die Arbeit ein großer Teil des Lebens, aber irgendwo muss Schluss sein. Reden kann ich über meine Arbeit ohnehin nicht viel. Für die Schutzperson bedeutet unsere Begleitung eine große Veränderung. Ich bekomme einen sehr nahen Eindruck, auch vom Privatleben. Das gegenseitige Vertrauensverhältnis verbietet es aber, hierüber in der Öffentlichkeit zu sprechen.

Frauen sind in unserem Bereich noch die Ausnahme. Es werden mehr. Ich hoffe, es werden noch viel mehr. Frauen können Konflikte leichter deeskalieren. In einigen Ländern müssen wir aber auf die kulturellen Gegebenheiten achten. In Saudi-Arabien zum Beispiel habe ich die Begleitung der Schutzperson meinen männlichen Teammitgliedern überlassen und bin im Hotel geblieben, um dort die Sicherung zu übernehmen. Aber intern hatte ich nie Probleme, mich durchzusetzen. Ich habe zu Hause einen Mann und drei Söhne, ich kenne das.

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Foto: Claudia Klein