»Weggucken ist der schlechteste Weg«

Was tun, wenn das eigene Kind psychisch erkrankt? Wenn es das Mittagessen nicht mehr anrührt, sich selbst verletzt oder sich weigert, das Bett zu verlassen? Der Kinder- und Jugendpsychiater Gottfried Maria Barth erklärt, auf welche Anzeichen man achten sollte und wie Eltern am besten helfen können.

Schulen zu, Freunde weg, Musikunterricht und Hockeytraining on hold: Speziell die Lockdown-Phasen waren für Kinder und Jugendliche in den letzten zwei Jahren nicht leicht zu ertragen.

Foto: Getty Images /Carol Yepes

Als stellvertretender Leiter der Kinder-und Jugendpsychiatrie Tübingen erleben Sie oft, wie junge Menschen hinter der Tür der Psychiatrie verschwinden, um sich in stationäre Behandlung zu begeben. Haben in diesen Fällen die Eltern versagt?
Es hat nichts mit Scheitern zu tun, wenn Kinder zu uns kommen, obwohl viele Eltern das selbst so wahrnehmen. Viele Eltern sind sehr belastet und machen sich Vorwürfe, dass es so weit gekommen ist. Andere Eltern fühlen sich hingegen eher entlastet, weil sie eigentlich schon seit Längerem die Verantwortung nicht mehr tragen konnten, zum Beispiel wenn die Kinder magersüchtig oder suizidal sind. Ich kenne das aus eigener Erfahrung. Als unsere Tochter an Magersucht erkrankte und sie endlich einen Klinikplatz bekam, war ich auch sehr erleichtert.