»Die Deutschen ­können ihr Problem, ihre Obsession mit den Juden, nicht abschütteln«

Die Schriftstellerin Irene Dische schreibt ­furchtlos über das Aufwachsen als Tochter von Holocaust-Überlebenden, lebte aber lang mit der Angst der Eltern. Ein Gespräch über die Kunst, sich von zeitlosem Schrecken zu befreien.

Irene Dische, 71, sagt nach über zwei Dutzend geschriebenen Roma­nen und Erzählungen: »Wenn ich ein Buch schreibe, identifiziere ich mich eigentlich mit jeder Figur. Jede hat irgendwas mit mir zu tun.«

Irene Dische ist fünf Jahre alt und hat alle ihre Lebensjahre in New York verbracht, als sie zum ersten Mal jemanden Englisch sprechen hört. Disches Eltern waren beide vor den Nazis in die USA geflohen, große Teile der nahen Verwandtschaft waren ermordet worden. Ihre Tochter Irene wuchs in den Fünfzigerjahren in Washington Heights auf, unter jüdischen Überlebenden, mit deutschen Kindermädchen, gesprochen wurde nur Deutsch. In Disches Roman Großmama packt aus führt sich die Schriftstellerin selbst mit folgenden Worten ein: »Dass meine Enkeltochter so schwierig ist, hängt vor allem mit Carls geringer Spermiendichte zusammen.« Dische sagt, sie habe sich selbst nicht als Tochter haben wollen. Ihre Autobiografie schreibe sie auch deshalb erst jetzt, weil sie ihren eigenen Kindern in der Pubertät nichts zum Nachmachen habe zur Verfügung stellen wollen.