»Ich musste ein bisschen weinen«

Endlich rollt der Rubel! Yuko und ihre Freundinnen überweisen Spendengelder an eine Hilfsorganisation, die Behelfshäuser für Erdbebenopfer baut. Als sie einen Bericht über diese Häuser im Fernsehen sieht, wird sie von Rührung übermannt.


Emogirl spendet

Was für ein Tag. Endlich haben wir, ich und die meisten meiner Freunde, Spenden an unsere Vereinigung “Emogirl” überwiesen. Darunter alle Einnahmen aus unserer Wohltätigkeitsveranstaltung sowie ein Großteil des Geldes, das ich mit diesem Online-Tagebuch verdiene. Die Weichen dafür stellte Mariko, unser oberstes Emogirl. Wir haben uns dazu entschlossen, dass der erste Batzen Geld an Life 311 gehen soll. Das ist ein Hilfsprojekt, das in der betroffenen Erdbebenregion Tohoku aus den Bäumen der Region provisorische Unterkünfte errichtet.

Ist das nicht toll, bin ich nicht toll?
Allerdings muss ich dazu anmerken, dass Japan keine besonders stark ausgeprägte Spendenkultur besitzt. Dafür kann ich eine ganze Reihe von Gründen anführen, angefangen bei unserem religiösen und philosophischen Background. Daneben hat Wohltätigkeit für viele Japaner aber auch den Beigeschmack, dass es bei Spenden nicht nur darum gehen könnte, Menschen aus Notsituationen zu helfen, sondern sie in einen Publicity Stunt einzubinden. Mir kommt mein Engagement für Emogirl ganz natürlich vor, und warum soll es das auch nicht sein? Aber ich musste mich vorab vergewissern, alles aus den richtigen Gründen zu tun. Und nicht etwa aus eitlen Motiven heraus. „Hey, ich tue etwas Gutes für diese armen, armen Menschen, ist das nicht toll, bin ich nicht toll?“ So nicht!

Die komplizierten Gedanken verschwanden
Ich habe dann etwas im Fernsehen gesehen. In just dem Moment, in dem ich das Fernsehgerät anschaltete, lief eine Dokumentation über Behelfshäuser in Tohoku. Ich sah die Häuser, die mit Unterstützung von Life 311 errichtet worden sind. Alles aus Holz, und das Sonnenlicht schien warm auf die braunen Wände, es war ganz anders als bei den mir bekannten Fertighäusern. Es sah wirklich sehr wohnlich aus und so wunderschön, man konnte sich regelrecht vorstellen, wie sich das Leben für die Bewohner darin wieder gut anfühlt. Wie gut, wie wundervoll, dachte ich mir. Die Bilder zeigten einen zufriedenen Vater, wie er mit seiner Familie in das Haus einzieht. All die komplizierten Gedanken in meinem Kopf verschwanden plötzlich und machten einer großen Einfachheit Platz. Ich musste ein bisschen weinen.

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Herz in Form eines Hauses
All die hier in Tokio ansässigen Supporter; die Mitarbeiter von Life 311; Freunde, die Kayos Arbeiten gekauft haben; meine Freunde in Deutschland, jene die mit mir arbeiten und jene, die meine Blogeinträge lesen; wir, die Mitglieder von Emogirl – jeder hat ein Stück seines Herzens an den nächsten weitergegeben. Weiter und weiter. Von Hand zu Hand, bis die Stücke schließlich bei uns ankamen, wie bei einer Eimerkette. Und diese Kette wird weitergehen zu den Leuten, die unsere Hilfe brauchen. Emogirl Sachiko hat mir neulich in einer Mail geschrieben. "Wir können uns glücklich schätzen. Denn unser Herz bleibt ja eigentlich in uns verborgen. Aber jetzt nimmt es die Form eines Hauses an. Haben wir ein Glück."