Die letzte Reise

Ein alter Laster in Kenia. Ein paar Deutsche, die im Kongo auf ihn warten. Dazwischen liegen 1500 Kilometer und alle Probleme Afrikas.

31 Jahre ist der »Bonner« alt. Das sieht man ihm auch an: Er stammt aus einer Zeit, als man Lastautos noch mit freundlichen Gesichtern baute, mit gewölbten Lichtern und einer Motorhaube wie eine Stupsnase. Sein blauer Lack ist zerkratzt, die Karosserie voller Dellen. Auf dem staubigen Ladehof im Lager des Technischen Hilfswerks (THW) in Nairobi, hinter Mauern, Stacheldraht und einem elektrisch betriebenen Stahltor, steht der alte Lastwagen jetzt in der Sonne: ein Mercedes, Modell 1113 B MA, den die THW-Mitarbeiter »Bonner« nennen, weil seine Erstzulassung 1974 auf den Kreisverband Bonn ausgestellt war. Morgen soll hier ein Konvoi starten: zehn Lastwagen und Tieflader, die durch Kenia und Uganda in die Demokratische Republik Kongo fahren, 1500 Kilometer weit, bis in die Stadt Goma, die mitten in einem der größten Krisenherde der Welt liegt.

Für den Bonner wird es die letzte große Reise werden. Wir werden ihn dabei begleiten. Eigentlich hätte der Konvoi Nairobi schon eine Woche zuvor verlassen sollen, aber zehn Laster und Tieflader durch drei Länder zu schicken ist schon in Europa nicht ganz einfach. In Afrika erst recht nicht. Jürgen Lüdemann, 48, zupft an seinen Ohren herum, die Sonne hat sie verbrannt und er schmunzelt darüber, weil ihm so was eigentlich nicht passieren sollte – schließlich hat er so viele Auslandseinsätze hinter sich, dass er sie kaum zählen kann: früher als Chef-Logistiker beim THW, seit drei Jahren als Leiter der Beschaffungsstelle der Deutschen Welthungerhilfe. Er ist so etwas wie der Mann für jeden Fall, der heranschafft, was die Welthungerhilfe für Hilfseinsätze braucht: Rosenstecklinge für ehemalige Opiumbauern in Afghanistan, Zelte für Tsunami-Opfer in Banda Aceh, Hefe für Proteinkekse, die an hungrige Kinder in Nordkorea verteilt werden. In Nairobi hat er jetzt alte Lastwagen und Unimogs für eine Baustelle der Welthungerhilfe im Kongo besorgt. Weil die Fahrzeuge so alt sind, hat das THW sie der Welthungerhilfe geschenkt. Lüdemann nahm die Geschenke gern an und schickte eine Mail an die im Kongo stationierten Kollegen: »Braucht ihr alte, teilweise defekte Lkws?« – »Wir nehmen alles!«, meldeten die zurück und setzten zehn kongolesische Lasterfahrer und drei Mechaniker in einen Bus nach Nairobi. Die stehen jetzt mit Lüdemann auf dem Ladehof und bestaunen die Geschenke.

Den Bonner kennt Lüdemann noch aus der Zeit, als er selbst beim THW gearbeitet hat. »Für ihn schließt sich jetzt der Kreis«, sagt er und klopft dem Laster auf die Motorhaube: »Sein erster Einsatz war im Kongo. Jetzt wird er dort seinen letzten haben.« Vor elf Jahren kam der Laster von Bonn nach Afrika und wurde im vergangenen Jahrzehnt überall in Zentralafrika eingesetzt – im Kongo, in Ruanda, in Kenia, an der Grenze zu Somalia. »An dem klebt die halbe Geschichte Afrikas«, witzeln die Mitarbeiter beim THW. Seinen ersten Einsatz hatte der Bonner 1994, als Millionen Menschen vor dem Völkermord in Ruanda in das Nachbarland Kongo flüchteten und auf dem Laster Tanks voll Trinkwasser zu den Flüchtlingslagern transportiert wurden.

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Jetzt muss Lüdemann den letzten Einsatz des Bonners im Kongo organisieren. Im Osten des Kongo baut die Deutsche Welthungerhilfe in der Krisenregion Nord-Kivu Schulen, Gesundheitszentren und eine Straße, die von der Außenwelt abgeschnittene Orte miteinander verbindet und der zerstörten Provinz das Leben zurückbringt: Handel, Medikamente, Werkzeug, Saatgut. Seit vielen Jahren beherrschen Rebellengruppen den Osten des Kongo und beuten ihn aus.

Nach dem Krieg zwischen 1998 und 2003 ist der Staat zerfallen, Millionen von Menschen sind auf der Flucht oder entwurzelt, fast vier Millionen starben. 16700 Blauhelme sind im Kongo stationiert, die größte UN-Mission der Welt. Neulich haben Rebellen ein Gerätelager der Welthungerhilfe ausgeplündert. Da kommen die neuen Lastwagen den Helfern wie gerufen.

Drei Tage später. Die Laster stehen immer noch auf dem Ladehof. Natürlich konnten sie nicht am nächsten Tag losfahren, wie Lüdemann gehofft hatte, auch nicht am übernächsten: Papiere fehlten und eine Hupe, und als der kongolesische Konvoiführer Camille Paluku, 38, Geld von der Bank abheben wollte, hatte die nicht genug Bares. Camille, der sein Handy am Gürtel und eine goldene Kette um den Hals trägt, stampft über den Ladehof, brüllt ins Telefon.

Auch Jürgen Lüdemann hängt am Telefon: Er bucht einen Flug nach Hause, weil er in der Zentrale in Bonn gebraucht wird; dann verständigt er die Kollegen im Kongo, dass es mit den neuen Lastern länger dauert.

Die kongolesischen Fahrer haben sich auf einem Parkplatz in Nairobi eingerichtet und warten, dass der Konvoi endlich losfahren kann. Weil sie das Wort Bonner nicht aussprechen können, taufen sie den Laster, mit dem die Journalisten mitfahren wollen, auf den Namen »Johnny«, sprechen den Namen aber französisch aus: »le Jouni!«

Am siebten Tag geht es endlich los. Camille hat alle Papiere beisammen, der Konvoi verlässt Nairobi um fünf Uhr früh. Floribert Kimbumbu, 40, der den Bonner fährt, sitzt hinter dem riesigen Lenkrad wie vor einer Familienpizza und pfeift ein Lied. Der Laster rumpelt und kracht und Floribert sagt, er sei froh, wenn es das alte Ding in den Kongo schaffe. Der Weg führt hinaus aus Nairobi, durch das Great Rift Valley, wo an der Straße Zebras grasen, vorbei am Nakuru-See mit seinen rosa Pelikanen. Die aufgehende afrikanische Sonne taucht die Landschaft in pinkfarbenes Licht. Dann herrscht plötzlich Chaos auf der Straße: Einer der Lastwagen hat einen platten Reifen. Autos hupen, weil auch die anderen Laster des Konvois am Straßenrand angehalten haben und den Verkehr blockieren. Camille schaut auf seine Uhr: Bis zur ersten Reifenpanne nur eine Stunde und 42 Minuten. Zwar rechnet er mit acht, neun Pannen während der Fahrt, aber doch nicht so früh. »Los, weiter!«, schreit er den anderen Fahrern zu.

Spätestens an der Grenze zu Uganda werden sie sich wieder treffen. Der Konvoi nimmt die A 109, die später B 104 heißt oder »Nordkorrdidor«, wie die Afrikaner sagen: eine Schnellstraße, die von der Ostküste Afrikas, von Mombasa in Richtung Nordwesten quer durch Zentralafrika bis in den Kongo führt. Tagsüber bieten die Frauen am Straßenrand Hühner und Gemü-se an und abends ihre Körper. Es ist die Straße, die Aids in jeden Winkel Zentralafrikas gebracht hat. Fernfahrer und Wanderarbeiter haben das Virus über den Kontinent verbreitet. Alle paar Kilometer stehen lilafarbene Schilder am Straßenrand mit gelbem Pfeil und gelber Schrift: CTS – Counseling & Testing Service oder VCT-Voluntary Counseling & Testing Center steht darauf. Sie weisen zu einer Art Drive-in für Aids-Schnelltests.

In jedem dieser Häuschen sitzt eine Krankenschwester und erklärt Truckern den Schnelltest, der ähnlich wie ein Schwangerschaftstest funktioniert: Man drückt einen Tropfen Blut aus dem Daumen auf ein Feld, auf einem zweiten Feld erscheinen zwei Streifen oder nur einer. Zwei Streifen bedeuten HIV und damit in Afrika den sicheren Tod. Am frühen Abend erreichen die blau lackierten Laster den Grenzort zu Uganda, Malaba, der eigentlich kein Ort ist, sondern eine Ansammlung schmutziger Wellblechhütten und Bretterbuden, die sich »Bagdad Café« oder »Hotel Intercontinental« nennen. Camille ist zufrieden, dass der Konvoi bis hier nur fünfmal von Polizeikontrollen aufgehalten wurde, denen er »Freundschaftsgelder« zustecken musste.

Seine Chefs bei der Welthungerhilfe haben Bestechungen verboten, weil sie keine kriminellen Machenschaften unterstützen wollen. Doch Camille muss entscheiden, ob er bezahlt oder in Kauf nimmt, mit willkürlichen Bußgeldern und tagelangem Warten bestraft zu werden. Also zahlt er die Freundschaftsgelder aus eigener Tasche, obwohl er lieber im Sinne der Hilfsorganisation handeln würde. Jede Entscheidung wägt er lange ab: Wem kaufe ich etwas ab und was macht der anschließend mit dem Geld? Mit wem kann man zusammenarbeiten, mit wem nicht? Darüber, wann Hilfe in Krisen richtig oder falsch ist, müssen sich humanitäre Helfer ständig den Kopf zerbrechen: Wie kann man vermeiden, dass von Hilfsorganisationen gebaute Straßen oder Krankenhäuser auch militärisch genutzt werden? Gar nicht. Darf man sich mit Rebellen an einen Tisch setzen, um über die Sicherheit der eigenen Leute zu verhandeln? Lässt sich manchmal nicht vermeiden.

Zum Glück muss Camille die ganz großen Fragen jetzt nicht beantworten. Von seinem Geld kann man sich höchstens eine Packung Zigaretten kaufen. Die Fahrer des Konvois suchen sich Quartiere für die Nacht, Hütten, in denen sie nebeneinander auf dem Boden liegen. Eine Frau in einem selbst genähten Kleid aus goldfarbener Plastikfolie streift über den Parkplatz. Es hat angefangen zu regnen und Floribert bleibt noch im Führerhaus sitzen. Er gehe nie zu einer Prostituierten, sagt er und zieht ein Foto aus der Tasche mit einer hübschen Frau und zwei lachenden Buben darauf.

Leider sieht er seine Familie kaum, weil er sie vom Kongo nach Kigali, Ruandas Hauptstadt, gebracht hat, wo sie jetzt leben. Im Kongo vergewaltigen Rebellen Frauen und Mädchen systematisch, um die Bevölkerung zu erniedrigen. Zudem verschleppen sie tausende Frauen in ihre Camps, wo sie als Sexsklavinnen jahrelang wie Tiere gehalten werden. Floribert sagt, eine seiner Nichten sei in einem dieser Camps und das mache ihn wahnsinnig. Nur manchmal kommen Mädchen nach Jahren zurück, mit zerstörter Psyche und von Bierflaschen, rostigen Nägeln und spitzen Stöcken malträtierten Unterleibern. In Goma gibt es eine eigene Krankenstation für vergewaltigte Frauen mit ihren unvorstellbaren Verletzungen. Das Wasser trommelt auf Floriberts Führerhäuschen und tropft durch das undichte Dachfenster auf die Sitze. Goma, das Ziel des Konvois, ist eine kleine Stadt an einem dunkelblauen See und mit ein bisschen Fantasie sieht die Landschaft aus wie am Lago Maggiore. Goma aber ist nicht nur vom jahrelangen Krieg zerstört, vor drei Jahren brach auch noch der Vulkan Nyiragongo aus und ein Lavastrom, zwei Kilometer breit, trennte Goma in zwei Teile. Aus der erkalteten Lava ragen immer noch Autoskelette und halbe Häuser wie abgefaulte Zähne heraus. Sechs Europäer hat die Welthungerhilfe in Goma stationiert, vier Deutsche, einen Franzosen, einen Belgier. Sie geben den Menschen Hoffnung: verteilen Saatgut und Werkzeug, halten Landwirtschaftsunterricht, bauen Schulen, Gesundheitszentren und eine Straße von Goma durch den Dschungel; 113 Kilometer sind schon fertig, 75 sollen noch folgen. Dagobert Holtwick, 56, Kfz-Meister und für die Baufahrzeuge in Goma verantwortlich, freut sich über Laster wie den Bonner: »Die kannst du mit dem Hammer reparieren.« Dagobert arbeitet schon seit 35 Jahren im Ausland, hat fünf Putsche erlebt und zählt seit seiner vierten Malariaerkrankung nicht mehr. Das letzte Mal hat ihn seine Frau auf einem Foto in einer Spiegel-Reportage gesehen. Da hat sie sich gefreut, dass er ein frisches Hemd angezogen hatte. Dagobert und die anderen haben am Ende der Straße, die sie von Goma durch den Dschungel bauen, ein Camp aus Überseecontainern eingerichtet. Es liegt mitten im Rebellengebiet, umgeben von einem Dutzend Checkpoints, an denen verlotterte Gestalten in Fantasieuniformen mit Kalaschnikows und Gettoblastern herumlungern. Im Dezember gerieten die Helfer zwischen die Fronten der Rebellen, konnten sich aber nach Goma retten. Dass sie trotzdem zurückkamen, um die Straße weiterzubauen, macht sie in Goma zu Helden. »Wir haben hier eine Baustelle. Und die muss fertig werden!«, sagt Dagobert dazu. Am dritten Tag der Reise hängen die Laster immer noch in Malaba an der Grenze zu Uganda fest. Angeblich ist der Computer kaputt, mit dem die Papiere überprüft werden sollen. Camille und die Fahrer sitzen unter Wellblechhütten und essen Ugali, klebrigen Maisbrei. In den Buden, in denen die Zollstempel auf die Papiere gestempelt werden sollen, läuft Musik, und zwischen den Lastern verkaufen Kinder Bananen und schreien: »Support my business!« Zum Glück kennt Camille einen der Grenzer, so dass die Papiere der Laster ganz oben auf dem Stapel landen, der bald bearbeitet wird. Sonst müsste der Konvoi hier noch vier, fünf Tage warten. Am nächsten Morgen geht es weiter, durch Uganda, wo viele Häuser mitten in Friedhöfen stehen, weil die Menschen hier ihre Toten im Garten begraben und Aids ganze Familien ausgelöscht hat. Dann hat ein Tieflader eine Panne und das Ersatzteil muss erst in Kampala, Ugandas Hauptstadt, angefertigt werden. Das Warten stört die Fahrer nicht, sie haben hier viele Bekannte, weil alle diese Strecke schon oft gefahren sind: Fast jeden Monat holen sie für das Straßenbauprojekt im Kongo aus Nachbarländern wie Uganda oder Ruanda Zement, Diesel oder Nägel und bringen den Deutschen Bohneneintopf, Rotwein und Blutwurst von der deutschen Metzgerei in Kigali mit. Nach fünf Tagen kommt der Konvoi endlich in Ishaka an, einem ugandischen Dorf im Grenzgebiet zum Kongo. Nach der Grenze muss der Zug ein extrem gefährliches Gebiet durchqueren, den Virunga-Nationalpark, sieben Stunden lang. Die Fahrer erzählen sich Geschichten über diese Strecke, von bewaffneten Überfällen und Plünderungen.

In den Grenzgebieten im Osten des Kongo herrscht nahezu Anarchie. Sechs Staaten stoßen an die Krisenprovinzen im Osten und Nordosten, darunter Burundi, Ruanda, Uganda oder der Sudan, in vielen herrschen Bürgerkriege oder ethnische Fehden, die sich mit den Konflikten im Kongo vermischen. Weil der Kongo reich an Bodenschätzen ist, beuten Länder wie Ruanda und Uganda das Land aus und bewaffnen unzählige Rebellengruppen im Austausch gegen Diamanten, Gold, Erdöl und Coltan, ein Metall, das man für Handys oder Computerchips braucht. Obwohl es seit Ende des Krieges 2003 und mühsamen Friedensverhandlungen nun eine Übergangsregierung gibt, in der sogar Abgesandte von bewaffneten Rebellenorganisationen sitzen, fällt der Kongo ins Chaos: Die Menschen schlachten sich gegenseitig ab, Flüchtlinge aller Länder irren zwischen den Grenzen herum, Seuchen breiten sich aus. Hilfsorganisationen sprechen von der größten humanitären Katastrophe der Welt. Wertvolle Waren werden hier seit Jahren nicht mehr transportiert. Selbst Lastwagen, die den berühmten kongolesischen Kaffee aus dem Land fahren sollen, müssen von Polizeieinheiten eskortiert werden. Plündertrupps blockieren die Straße, erschießen die Fahrer und stehlen den kompletten Zug. Floribert erzählt, wie er früher einmal mit einem Kaffeelaster in einen Hinterhalt geriet: Der Polizist, der ihn begleitete, schlief hinten im Führerhäuschen, als sie von vier Banditen gestoppt wurden. Während Floribert verhandelte, schlich der Polizist um den Truck herum und erschoss alle vier. »Aber manchmal«, beruhigt Camille die anderen, »wollen sie auch nur deinen Truck, deine Stiefel und deine Halskette. Dann lassen sie dich gehen.« Einmal hielt ihn eine bewaffnete Bande Halbwüchsiger an, Kinderrebellen mit Bierflaschen in der Hand. Alle militärischen Gruppen im Kongo zwingen Kinder dazu, für sie zu kämpfen. Die Rebellen richten sie brutal ab, geben ihnen Drogen und Alkohol, peitschen sie aus, zwingen sie, Angehörige zu töten oder Leichenteile zu essen. Manche können ihre Maschinengewehre nur kniend bedienen, weil sie zu schwer für sie sind, und einige tragen noch Teile ihrer Schuluniform. Aber die Kampfmaschinen sind trotz allem Kinder. Und das hat Camille damals das Leben gerettet: Zufällig hatte er einen Fußball dabei. Als er ihnen den schenkte, ließen sie ihn weiterfahren. Tag sechs der Reise und endlich überfahren die Laster die Grenze in den Kongo. Camille und seine Begleiter haben Glück: Kurz nach der Grenze stoßen sie auf kongolesisches Militär. Ja, sagen die Offiziere, Welthungerhilfe kennen sie, das sind doch die mit der Straße! Dann eskortieren sie den Konvoi bis nach Goma. Der Zug erreicht die Stadt am Abend. Damit niemand denkt, die Fahrer würden in der Dunkelheit verbotene Dinge transportieren, entscheidet Camille, den Konvoi am Zollposten in Goma zu parken. Erst am nächsten Morgen fahren sie zur Werkstatt der Welthungerhilfe. Nach sieben Tagen und zwei Stunden erreicht der Konvoi sein Ziel. Um 7 Uhr 30 rumpeln die Lastwagen vorbei an UN-Lastern und Rotkreuz-Jeeps über den schwarzen Lavaboden in Goma zur Werkstatt. Ein großes grünes Stahltor rollt zur Seite und auf dem Ladehof, neben Planierraupen und Kipplastern, stehen die Deutschen und warten. Die letzte Reise für Johnny, den Bonner Lastwagen mit dem freundlichen Gesicht und der Stupsnase, dauerte 170 Stunden. Nun wird er weiß lackiert und einen »No Weapons!«-Aufkleber auf die Seite bekommen. Dann wird ihn sein neuer Fahrer übernehmen, Watuta Corneille, 42, der erfahren und kräftig genug für einen Lkw ohne hydraulische Lenkung ist. Für ihn bedeutet der neue Laster so etwas wie eine Gehaltserhöhung, fährt er doch selbst noch einen aus dem Jahr 1962. Außerdem hat der neue einen vollständigen Mercedes-Stern vorn dran. Das freut Watuta am meisten. Auf dem Tacho des Lasters stehen 141754,6 Kilometer. Es werden noch mehr werden, denn so lange wie möglich wird Watuta mit dem Bonner Zement, Werkzeug, Steine und Saatgut in der Gegend herumfahren. Eines Tages wird der alte Laster auseinander fallen. Dann zerlegt ihn Dagobert und baut seine Einzelteile in andere Laster ein. Schließlich gibt es hier noch eine Baustelle. Und die muss endlich fertig werden.