Sauber aufgetischt

Ein Menü kochen, die schmutzigen Teller reinigen und Energie sparen – der Geschirrspüler erledigt das in einem Aufwasch.


Erst die Energiesparlampe, zuletzt die Abwrackprämie für Haushaltsgeräte, und jetzt sollen wir auch noch in der Spülmaschine kochen. Eine Italienerin ist auf diese Idee gekommen: Lisa Casali propagiert die Zweckentfremdung der Spülmaschine schon seit einigen Monaten auf ihrem Internet-Blog ecocucina.org: »Es ist einfach und macht so viel Spaß«, schreibt sie.

Die Methode hinter der Idee ist eigentlich hinreichend bekannt. In der gehobenen Küche wird mit dem Dampfgaren ein ähnliches Verfahren genutzt. Dabei wird langsam auf niedriger Temperatur gekocht, um die Zutaten schonend zuzubereiten und sie frisch und saftig zu halten – das Gegenteil von Fast Food. Der Spüler ist also ein cleveres und auf keinen Fall abwegiges Kochgerät. Gewöhnungsbedürftig ist beim Dampfgaren in der Spülmaschine eher, dass gleichzeitig schmutziges Geschirr gereinigt wird. So nutzt man die Wärme des Spülwassers doppelt – und erst damit wird es
energiesparend. Genaue Berechnungen und Bewertungen über die Energieeffizienz und den Nutzen gibt es noch nicht.

Casali hat besonders geeignete Gerichte entwickelt, die sich luftdicht verschlossen in Einweckgläsern oder Vakuumbeuteln garen lassen, und ein Kochbuch mit mehr als 60 Rezepten für die Geschirrspülmaschine herausgebracht – von der Kaninchen-Terrine über Putenroulade mit Spinat bis zu Apfelmus mit Zitrusfrüchten –, alle Gerichte ab-gestimmt auf die verschiedenen Spülprogramme der Maschine. Denn wie beim Ofen oder der Mikrowelle müssen Temperatur und Zeit genau gewählt werden: Für den 30-minütigen Schnelldurchlauf, meist bei 60 bis 65 Grad, eignen sich nur wenige Gerichte; Casali empfiehlt Thunfisch, Scampi, Tintenfisch oder klein geschnittenes Rindfleisch. Andere Gerichte müssen im Eco-, Normal- oder Intensivmodus gegart werden, zwischen zwei und drei Stunden dauern diese Programme mit unterschiedlichen Temperaturen von 50 bis 75 Grad.

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Richard Huth aus Würzburg ist der erste deutsche Koch, der das Spülmaschinen-
kochen für sich entdeckt hat. Den entscheidenden Vorteil sieht er weniger im ökologischen Nutzen als in der Zeitersparnis für den Kunden. Huth verschickt vakuumverschweißt fertig vorbereitete Gerichte, die in der heimischen Maschine nur noch gegart werden müssen. Zusammen mit seiner Frau hat er Vier-Gänge-Menüs zusammengestellt, passend zur Saison: Im Frühjahr Spargel mit Lachs und Perlhuhnbrust mit Trüffelnudeln, im Herbst Ente mit Apfelrotkohl und Wallerfilet im Wurzelsud.

Huth zeigt Verständnis für Menschen, die sich an den Gedanken nicht gewöhnen
mögen, dass ihr Abendessen neben verklebten Tellern garen soll. »Es ist eine Kopfsache. Die Gerichte haben keinen Beigeschmack oder merkwürdigen Geruch«, versichert er.

In zwei von drei deutschen Küchen steht ein Geschirrspüler – eigentlich genug potenzielle Kandidaten für die neue Kochmethode. Doch die hat einen klaren Nachteil, und dabei ist es egal, ob man die Gerichte vorher noch selbst zubereitet oder sie sich fertig verschweißt zuschicken lässt: Sie dauert.

Bei der Selfmade-Variante steht man allein eine Stunde in der Küche, um zu schnippeln, zu würzen, einige Gemüsesorten kurz anzudünsten oder zu blanchieren. Rasch kommt die Versuchung auf, alle Zutaten in die Pfanne zu werfen, kurz anzubraten, und voilà, fertig wäre das Gericht. Für einen anschließenden Garvorgang wären noch einmal mindestens zwei Stunden einzuplanen. Gutes Timing und vorrausschauende Planung sind wesentliche Bedingungen des Spülmaschinenkochens.
Speziell für Gemüsesorten, die knackig und bissfest serviert werden sollten, eignet sich diese Garvariante. Kaiserschoten sind nach dem Waschgang noch dunkel, aber gar und haben kein Aroma verloren; Karotten bissfest, aber nicht hart. Fisch und Fleisch bleiben saftig und aromatisch.

Das Kochen in der Spülmaschine könnte Gerüche aus der Küche weitgehend eliminieren. Auch der bange Blick in den Ofen, um sich zu vergewissern, dass das Fleisch wirklich gart, würde sich erübrigen. Der kleine Teelöffel, mit dem verstohlen alle paar Minuten die Sauce auf Geschmack und Konsistenz getestet wird, bleibt in der Schublade – oder wird gleich mit dem Braten mitgewaschen.

Illustration: Zsuzsanna Ilijin