Köpfchen!

Sicherheit muss nicht doof aussehen: Zwei Schwedinnen haben einen Radhelm erfunden, der wie eine Halskette getragen wird - und beim Unfall aufgeht wie ein Airbag.

Gibts endlich Neuigkeiten auf dem Markt für Fahrradhelme? Jeder weiß, dass es besser wäre, sie zu benutzen, aber keiner macht’s. Fahrradhelme sind unhandlich, passen nie zum Outfit, Frisuren werden ruiniert, und man sieht immer blöd aus. Abhilfe könnte eine Erfindung schaffen: Der »Hövding«, auf deutsch »Häuptling«, ist so etwas wie der erste unsichtbare Fahrradhelm der Welt. Er sieht aus wie ein um den Hals geschlungener Wickelschal – doch bei einem Unfall springt ein Nylon-Airbag heraus, füllt sich mit Helium und umhüllt den Kopf.

Wer hat das erfunden? Die Schweden. Genauer gesagt, zwei Nachwuchs-Designerinnen: Terese Alstin und Anna Haupt, beide 33 Jahre alt. Der Hövding war ihre Abschlussarbeit an der Universität Lund. Sie wollten einen Fahrradhelm erfinden, den man gern trägt. »Also haben wir uns gedacht: Vielleicht sollte der Helm dann einfach nicht auf dem Kopf sitzen?«, sagt Terese Alstin. Für die Idee bekamen sie zehntausend Euro vom schwedischen »Innovationsbron«. Außerdem wurden sie mit mehreren Preisen ausgezeichnet. Seit zwei Jahren können sie deshalb ihren unsichtbaren Kopfschutz in Serie produzieren.

Und wie haben die das gemacht? »Wir wollten ein intelligentes System entwickeln, das zwischen einer normalen Bewegung beim Fahrradfahren und einem Unfall unterscheiden kann«, erklärt Terese Alstin. Dazu statteten die beiden Designerinnen Testradler mit Sensoren aus, die ihr Fahrverhalten über Jahre hinweg aufzeichneten. Sie ließen sie sogar Gymnastik und verrückte Verrenkungen auf dem Fahrrad machen. Außerdem stellten sie mit Stuntmen Unfälle nach. Am Ende konnten sie mit diesen Daten einen Algorithmus entwickeln, der erkennen kann, ob der Radler gegen ein Auto kracht – oder einfach nur den Bordstein runterbrettert. In fünf Designs gibt es den »Hövding« momentan, und schon in diesem Frühjahr sollen weitere vorgestellt werden.

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Werden dieses Modell jetzt mehr Leute tragen als den klassischen Helm? Bisher trug in Deutschland nur etwa jeder zehnte Fahrradfahrer einen Helm. Dass der »Hövding« das ändern wird, bezweifelt René Filippek vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club. »Alles, was das Radfahren umständlicher macht, ist problematisch.« Sind Helme, egal welche, eine Muss, fahren weniger Leute Rad – das haben mehrere Studien gezeigt. Eine Helmpflicht für alle Altersgruppen gibt es deshalb weltweit nur in sieben Ländern. Der »Hövding« ist nicht gerade leicht: Siebenhundert Gramm wiegt er, dreimal so viel wie ein traditioneller Helm. Und: Er kostet um die 395 Euro (bestellbar zum Beispiel bei profirad.de). Begeisterte Rückmeldung bekamen die Designerinnen von einer ganz anderen Gruppe: Einige Menschen mit Epilepsie, die früher 24 Stunden am Tag einen Helm tragen mussten, zeigten sich glücklich über die unsichtbare Alternative.

(Fotos: Hövding, dpa)