Schwarzmalerisch

Warum die finstere Gundel Gaukeley aus Entenhausen ein großartiges Vorbild ist.

Der Zeichner Carl Barks soll für seine Gundel Gaukeley von zwei Frauen inspiriert worden sein: Morticia A. Addams aus der Addams Familiy - und Sophia Loren.

Manchmal sehen mich meine Freunde an und fragen: »Sag mal, warum schminkst du dich immer so schwarz? Und warum trägst du die Haare so streng zurückgebunden?« Ich sage dann, dass ich das schön finde. Nur selten erzähle ich, warum.

Der Grund ist, dass ich immer noch meinem alten Vorbild nacheifere. Sie liebt starkes Make-up und hat eine strenge Frisur, ihr Kleidungsstil ist reduziert und ihr Auftritt ausgesprochen selbstbewusst. Ich kenne sie, seit ich lesen kann und dafür Comics von Donald Duck in die Hand nahm. Meine Muse, mein Topmodel, meine Heldin ist Gundel Gaukeley.

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Ein wenig abseits der Duckschen Gesellschaft in Entenhausen lebt Gundel Gaukeley als Zauberin und Hexe, in ihrer Boutique handelt sie mit Liebestränken, Tarnkappen, bösen Blicken und Leih-Vampiren. Doch ihr vornehmliches Interesse gilt dem Glückstaler von Dagobert Duck, seinem ersten selbstverdienten Geldstück, den sie für ein magisches Amulett einschmelzen lassen will.

Ich weiß noch, wie fasziniert ich als Mädchen von ihrem lackschwarzen Haar war, vom dicken Lidstrich, dem giftgrünen Lidschatten, den langen, geschwungenen Wimpern. Im engen, mit Ärmelrüschen nicht zu sexy wirkenden kleinen Schwarzen sah sie immer schick aus; dazu trug sie eine modische, mit ihren berühmten Blitzbuff-Bomben gefüllte Handtasche und schwarze High Heels – natürlich solche, die ihre Watschelfüße schmaler wirken ließen.

Als ich älter wurde, fragte ich mich durchaus, warum ich ausgerechnet die Böse aus diesen Comics so toll fand. Natürlich kann man sagen: mangels Konkurrenz. Besonders viele Frauen gibt es dort ja nicht. Aber viel wichtiger ist: Wie soll Daisy Duck, dieses kreuzbrave Hausmütterchen, zum Idol von heranwachsenden Mädchen taugen? Jedenfalls von denkenden Mädchen?

Ich bewunderte Gundel dafür, dass sie die Regeln brach, dass sie ankämpfte gegen Unterdrückung und Übermacht, sich was traute – sich also wie ein Mann aufführte. Nach Gundel Gaukeley schwärmte ich für Cruella de Vil, die Fiese aus 101 Dalmatiner. Für die Medusa aus Bernhard und Bianca, die Krokodile als Haustiere hält. Ich fand die Mädchen im Robert-Palmer-Video Addicted to Love toll, die irrsinnig arrogant und viel zu stark geschminkt auf ihren Gitarren zupften. Und natürlich Joan Collins aus dem Denver Clan. Diese Damen brachen nicht nur Regeln – sie sahen auch noch top dabei aus, und das gab ihnen Macht.

Am meisten habe ich aber von meiner Ur-Heldin Gundel Gaukeley gelernt. Und zwar Folgendes: 1. Man kann es mit jedem aufnehmen, egal wie mächtig und despotisch er ist – oder wie viele Fantastilliarden er besitzt. 2. Jeder Mächtige ist nur so mächtig wie seine Gegenspielerin. 3. Ohne perfektes Make-up gibt es keine perfekte Frisur.

Illustration: Dilraj Mann