Gut, gut, gut

Zum 17. Mal steht Peter Maffay mit einem Album auf Platz 1 der Charts – mit Märchenliedern rund um den Drachen Tabaluga. Das ist so schön, dass man nach dem Hören gerne eine Straftat begehen möchte.

Er ist gegen Gewalt, er ist gegen Pelze, er hilft Kindern, er spendet Millionen. Nach allem, was man weiß, ist Peter Maffay ein rundum guter Mensch mit gutem Herz und guten Absichten. Das ist unbedingt bewundernswert. Aber auch, entschuldigung, ein bisschen langweilig. Keine Brüche, keine Schatten. Dabei lieben die Menschen Brüche. Sie freuen sich, wenn sie an ihren Helden zweifeln dürfen, wenn sie den Kopf schütteln können. Sie verfolgen Karrieren am liebsten, wenn es auch mal Drogengeschichten gibt oder fiese Trennungen, Talkshow-Ausfälligkeiten oder Steuer-Skandale. Ein bisschen was zum Reiben, zum Schimpfen - und dann bitte gerne wieder Liebhaben. Verblüffend eigentlich, dass Maffay trotzdem seit 40 Jahren so erfolgreich ist. Obwohl er wirkt wie Tim ohne Struppi und Haddock: ein guter Mann, ein braver Mann, ein blasser Mann. Claus Kleber mit Gitarre.

Jetzt hat Maffay, der Gute, ein neues Tabaluga-Album veröffentlicht, die sechste Musikgeschichte rund um diesen netten grünen Drachen. Das Album landete umgehend auf Platz 1 der Charts, laut Statistik ist es bereits das 17. Mal, dass Maffay mit einem Album an der Spitze steht. Es ist ihm absolut zu gönnen. Natürlich. Auch wenn es einem die Plattenfirma etwas schwer macht, so sehr betont sie das Gute. Das Album heißt »Es lebe die Freundschaft«, die Plattenfirma jubelt, es »schürft tiefer als alle vorherigen Tabaluga-Geschichten«. Die Story, um es kurz nüchtern zu sagen: Der Drache Tabaluga und der Schneemann Arktos, zuvor verfeindet, machen gemeinsame Sache, um die Welt zu retten. In den Worten der Plattenfirma »eine Utopie, die angesichts des dramatischen Weltgeschehens voller Erosionen und Konflikte aufzeigen möchte: Ein Zusammenhalt kann trotz widrigster Umstände gelingen.«

Ja, das ist sehr gut. Sehr schön. Auch ziemlich wahr. Und weil es so gut und schön und wahr ist, wird Maffay von jeder Menge Stars unterstützt, es singen und sprechen bei dieser - musikalisch überschaubar anspruchsvollen - Märchenliedersammlung Udo Lindenberg, Otto, Bully Herbig, Uwe Ochsenknecht, Tim Bendzko, Samy Deluxe und Laith Al-Deen. Und alle sagen auch noch mal, wie gut das alles ist: »Freundschaft ist wie ein Spiegel aus Diamant und eine wundervolle Unterart der Liebe!« (Laith Al-Deen), »Ein Freund ist jemand, der es ehrlich mit dir meint und auch in der Not zu dir steht.« (Otto), »Es gibt eine übergeordnete Freundschaft, die heißt: Menschenliebe über alle kulturellen und religiösen Grenzen hinweg. Dafür stehen wir!« (Udo Lindenberg). Gut. Sehr gut. Alle Beteiligten verzichten übrigens zugunsten der Peter Maffay Stiftung auf eine Gage. Gut. Gut, gut, gut.

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Bitte nicht falsch verstehen: Es ist schön, dass so eine Freundschaftsgeschichte mit all ihrem freundlich-naiven Pathos auf Platz 1 der Charts kommt. Und ja, im Moment kann dieses Land tatsächlich jeden Aufruf zum Miteinander brauchen. Aber auch wenn man die ganze Zeit höflich nickt – nach dem Hören dieses Albums möchte man diskret irgendwo eine bedrohte Pflanze ausreißen. Oder zumindest am Kiosk einen Schokoriegel klauen. Nur so, als kleines Gegenprogramm. Und dann ists aber auch schon wieder – gut.

Erinnert an: evangelische Gottesdienste
Wer kauft das? Familien
Was dem Album gut tun würde: bisschen was Böses

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Foto: Gettyimages / Gisela Schober