Altkanzler im Bio-Markt

Gerhard Schröder möchte in Ruhe einkaufen, Jil Sander ungestört auf ihren Flug warten und Udo Jürgens holt das Mädchen, mit dem man gerade flirtet, aus der Bar ab – unsere Leser schildern ihre peinlichsten Promi-Begegnungen.

    August 1978 am Wörthersee. Ich war 21 und mit zwei Freunden in Pörtschach. Damals durchaus angesagt bei jungen Leuten. Dort schuf man Höhepunkte deutscher Filmkunst wie Rudi benimm dich oder Hochwürden drückt ein Auge zu. Wir zogen abends um die Häuser, immer auch Ausschau haltend nach geeigneten Flirtpartnerinnen. Vor einer Bar fiel mir ein hübsches Mädchen auf, die ich mutig ansprach. Es verlief zumindest so nett, dass wir uns für den nächsten Abend wieder verabredeten. Der Abend begann vielversprechend, man plauderte angeregt, bis sie aufblickte und sagte »Och, da kommt mein Alter«. Er kam auf uns zu, begrüßte uns und ich erstarrte. Es war Udo Jürgens. Das Mädchen hieß Jenny.
    Jochen W., Hannover

    Als ich noch ein Teenie war, saß einer der Fantastischen Vier an der Bar unserer Stammdisco, dem Müsli. Als ich ihn sah, rief ich begeistert: »Da ist ja der Thomas D.!!!« Smudo drehte sich genervt weg.
    Adriane K., Stuttgart. Das »Musicland« nannten damals alle  »Müsli«.


    Ich absolvierte ein Praktikum bei einem Radiosender. Matthias Schweighöfer war in der Stadt um seinen neuen Film im Kino zu präsentieren. Ich sollte hin und ein paar kurze Fragen für das Nachmittagsprogramm stellen. Total professionell schleppte ich meine beste Freundin mit und fragte ihn sehr nervös nicht nach dem Film, sondern nach einem Tipp für den Herbst. Er meinte daraufhin es wäre gut, Ohrenschützer zu tragen und eine Gesichtsmaske, damit die Blätter nicht so einschneiden. Danach wollte er wissen, ob es noch weitere Fragen gibt. Ja, die gab es: »Darf ich eine Salzstange nehmen?« Interviewende.
    Anja, Dresden

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    Ich saß in einer Bar zufällig neben Edgar Selge. Zuerst erkannte ich ihn nicht. Erst auf den zweiten Blick sah ich, wer er war und sagte verwundert: »Sie haben ja zwei Arme!«, und versank in diesem Moment so tief im Erdboden, dass ich fast auf der anderen Seite wieder rausgekommen wäre. Ich entschuldigte mich später noch, und er trug es mit nonchalanter Gelassenheit.
    Daniela K., Augsburg

    Hannover vor einigen Jahren in einem Biomarkt. Ich erblickte Gerhard Schröder, damals bereits »Altkanzler“«. Mein Gedanke: blöd, wenn ich nicht wenigstens mal grüße, schließlich weiß er, dass man ihn kennt. Nach kurzem Zögern näherte ich mich an: »Ich wollte wenigstens mal guten Tag sagen!» Er reichte mir emotionslos die Hand und grüßte zurück. Als ich realisierte, wie sehr ich mich gerade blamierte, wünschte ich schnell einen schönen Tag drehte mich wieder weg. Da ich nicht auf mir sitzen lassen konnte, dass Schröder nun eventuell nicht viel von mir hielt, suchte ich ihn und stürzte noch einmal auf ihn zu: »Entschuldigung, ich bin ja eigentlich nicht so. Ich wusste nur nicht, wie ich mich verhalten sollte. Sie können ja davon ausgehen, dass man Sie kennt. Ich wusste nicht, wie ich damit umgehen sollte.» Er unterbrach mich, wieder fast ohne Regung und sagte: »Das ist ganz normal.» Leicht irre lachend stimmte ich zu »Ja, klar, ganz normal. Natürlich.« Gekauft habe ich dann nichts mehr. Eigentlich würde ich mich bei Herrn Schröder gerne für das zweite Begrüßen wieder entschuldigen.
    Barbara P., Hannover-Limmer

    Bevor ich meinen Laden in Köln eröffnete, hatte ich in Düsseldorf studiert. Eines Tages kam ein kleiner, etwas festerer, Herr in den Laden, der mir sehr bekannt vorkam. Es ergab sich ein kurzes Gespräch, dann fragte ich ihn: »Kennen wir uns nicht aus Düsseldorf?« Daraufhin er: »Düsseldorf? Da war ich nie gewesen!« Das fand ich erstaunlich lustig und schlagfertig, erst als er mit seinem Mitarbeiter wieder draußen war, meinte meine Kollegin: »War das nicht Dirk Bach?«
    Lukas P., Köln

    Alter Flughafen München-Riem: Ich bin spät dran, renne durch die Gänge zum Gate. Vor mir sitzt auf einer Bank allein eine Frau und liest. Sie kommt mir bekannt vor. Ich habe 20 Meter Zeit zu überlegen, renne vorbei, stoppe abrupt und gehe zurück. »Sind Sie Jil Sander?« frage ich. »Ja.« sagt sie. Ich nicke bestätigend und renne weiter. Nach 10 Sekunden hätte ich mir gewünscht, dass sich die Erde auftut!
    Sabina W., Neusäß

    Kann sich jemand vorstellen, wie peinlich es ist, einen nahezu Blinden umzustoffeln? Ich war, irgendwie abwesend, nach einer Vorlesung auf der Wilhelmstraße in Tübingen von der Neuen Aula kommend, auf dem Weg zum SchimpfEck. Etwa auf der Höhe der Osianderschen Buchhandlung rempelte ich blindlings einen älteren, beinahe blinden Herrn an, der geduldig von einem Studenten geleitet war. Zutiefst erschrak ich, als ich Ernst Bloch erkannte.
    Hartmut R., Bonn

    Ich hatte vor vielen Jahren eine etwas peinliche Begegnung am Frankfurter Flughafen. Es war sehr früh am Morgen und die Halle recht leer. Ich war daher ziemlich erstaunt, das jemand mit Karacho mit seinem Gepäckwagen in meinen Gepäckwagen krachte und mich fast über den Haufen fuhr. Ich war dann etwas erbost, weil ich mir dabei auch weh getan hatte, und schimpfte los. Von dem gut aussehenden jungen Mann kam keine Entschuldigung, nur ein breites Grinsen und Schulterzucken, er rannte weiter. Dieses Grinsen und seine Augen kamen mir irgendwie bekannt vor, wer das gewesen war, begriff ich allerdings erst, als ein Mädchen in der Nähe verzückt »Ohhhh ... Sascha Hehn« stöhnte und fast aus den Schuhen kippte.
    Andrea R.

    Vor vielen, vielen Jahren Besuch des Tannhäusers in der Frankfurter Oper. In der Pause umkreisen wir in sicherem Abstand einen einzelnen distinguierten Herrn: Joachim Kaiser. Eine nie wieder sich bietende Gelegenheit, den von uns beiden für sein Rezensionen und Radiobeiträge Verehrten anzusprechen. Aber ist er's wahrhaftig und wenn, welche Worte wie wählen? Die Courage verlässt uns. Nach der Vorstellung eilen wir zur Gardrobe, kommen neben ihn zu stehen. Nun sei's gewagt: »Sind Sie Joachim. ...« – er strahlt – »... Kaiser?« Irritation. »Ich bin Joachim Fest.« Ein »Auch gut!« verbietet sich, und mit hochroten Köpfen stürzen wir davon.
    Eva-Maria M., Heidelberg

    Besuch bei meinen Eltern im Ruhrgebiet. Wir sitzen im Auto. Plötzlich steigt mein Vater in die Eisen: Vor einem Hotel steht der Mannschaftsbus von Werder Bremen. »Dein Freund ist doch Werder-Fan. Da gehen wir jetzt rein und du holst ihm ein Autogramm.« Wir sitzen eine Stunde in der Lobby. Ich schäme mich. Plötzlich erscheint Thorsten Frings. Meine Eltern schauen mich erwartungsvoll an. Ich nehme allen Mut zusammen und frage nach einem Autogramm. Thorsten Frings fragt: »Hast Du was zum Schreiben?« Ich krame in meiner Handtasche und befördere einen alten Kuli und einen 2 mal 2cm großen Kassenbon zutage. Zuhause hat mein Freund Fußbälle, Trikots, Eintrittskarten. Thorsten Frings zieht die Brauen hoch, unterschreibt und verschwindet.
    Claudia B., München

    Also, es muss 1979 oder 80 gewesen sein; es war mit Sicherheit New York City, denn wo sonst hättest du im 101. Stock zum Lunch eingeladen werden können? Außer: Ich war eigentlich gar nicht eingeladen. Meine Eltern waren es, und ich latschte so als 11-Jähriger hinterher. Ich hätte eigentlich gar nicht reingehen dürfen, weil dort so ein strenger Dresscode herrschte, Schlips und Jacke, wogegen meine Uniform, damals: naja, Rolli und Cordjeans, was denn sonst. Was die Herrschaften am Eingang nicht besonders beeindruckte; die hatten sowieso Schlips und Jacke parat, und es war ganz einfach: Wenn der Bursche hier reinwill, soll er doch gefälligst dies hier umbinden, und hier reinschlüpfen. Wobei: übergroße viel zu langärmlige Wolljacke über Schlips über Wollrolli bei gut 27 Grad Heizung, das war schon rein körperlich kaum zu ertragen. In diesem elenden Zustand sitze ich zu Tisch mit meinen Eltern und Duncan, dem New Yorker Maler, der uns hier eingeladen hatte, und blicke verwegen in die Landschaft, und wen sehe ich gleich am nächsten Tisch, gier und lechz und leck-mich-fett hübsch? Na, die blonde Polizistin aus einer meiner Lieblings-TV-Serien! Ja, das isse, die Pepper Anderson! Wie hieß sie als Schauspielerin? Jawohl: Angie Dickinson! Wow, meine erste amerikanische Star-Besichtigung! Sollte es zu einer Starbegegnung eskalieren? Mir war kaum danach zumute. Viel zu verlegen, erhitzt, ungemütlich, sozusagen. Aber troztdem: Unser positiv denkender amerikanischer Freund, der Duncan, hatte mir als Willkommensgeschenk bereits ein Tagebuch in die Hand gedrückt, und jetzt kam der noch so mit einem Ur-Amerikanischen Pep-Talk daher: »Go! Do it! If you do not go there now, you are going to regret it tonight«, undsoweiter.

    Und sofort bewegte der mich tatsächlich dazu, aufzustehen, schüchtern, zögernd zu der bezauberden Dame aus der Fernsehserie hinzulatschen, um sie zu begrüßen und um ein Autogramm in meinem neuen New York Diary zu bitten. Und die Angie, die war eigentlich total cool, nett, lächelte, autogrammte, stellte mir ihre Tochter vor. Also, irgendwie passte alles, Angie nett, alles Paletti, Autogramm da, Selfie damals nicht verfügbar; und doch spürte ich zuviel Schweiß in meinem Rolli, und irgendwie wollte ich in dem Moment nichts wie weg, zurück zu Tisch, Eltern, Gast, Steak. Zugegeben, das ganze war für mich viel peinlicher als objektiv vertret- oder beschreibbar, eigentlich wurde es dann im Nachhinein erst zu einer süßen, und dann ab 9/11 bittersüßen Erinnerung. Denn das ganze hatte sich im Windows of the World abgespielt, das war ein Club ganz oben in einem der WTC-Zwillingstürme.
    Pier Andrea C., Mailand

    Es war 1977, ich war 14 Jahre alt.Mein Idol wohnte immer, wenn er in München zu tun hatte, im noblen Hotel Bayerischer Hof.Rein zufällig lud mein Vater mich und meine Mutter im urigen Stüberl im nicht so populären, hinteren Teil des Hotels zum Abendessen ein.Nach einer Weile, ich sass im Gegensatz zu meiner Mutter mit dem Rücken zur Eingangstür, sagte sie: »Du, da ist doch der Peter Alexander mit seiner Hilde...«  Ich erklärte sie komplett für bescheuert, dachte, sie wollte mich auf den Arm nehmen. »Doch, doch« , meinte sie, »Schau, die Hilde winkt Dich sogar zu sich heran, sie hat Dich gerade, als Du Dich umgedreht hast wohl erkannt, geh zu ihnen, Carina.« Als glühender Fan kannten mich seine Frau und er, er nannte mich und ca. drei Freundinnen sogar seine »eiserne Garde« und er nannte mich immer »Corina«, obwohl er, Jahre später, bei einer After-Show-Party den Refrain von Roy Blacks berühmtem Schlager »Das Mädchen Carina« ganz allein für mich schluchzend-parodistisch zum Besten gab... Ich war natürlich super aufgeregt, hatte ja an diesem Abend nicht mit einer Begegnung mit ihm gerechnet, mein Teenager Herz klopfte wild bis zum Hals, ich hatte nur ihn im Blick, rauschte auf ihn zu und ...landete mit einem lauten Rumms direkt vor Peter Alexanders Füssen!!!Es waren zwei kleine Stufen, die ich übersehen hatte, er half mir galant wieder hoch und erkundigte sich besorgt, ob ich mir weh getan hätte. Da ich nicht wehleidig wirken wollte, verneinte ich und vergass bei seiner mich zutiefst berührenden und auch innerlich aufwühlenden Anwesenheit mein ziemlich schmerzendes Knie und strahlte ihn lichterloh statt mit schmerzverzerrtem Gesicht an!
    Carina K.


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    Illustration: Anna Meyer