Roboter-Bienchen und Klettverschluss-Pollen

Da echte Tiere es zunehmend schwer haben, werden viele Tierarten im Labor nachgebaut. Aber einige künstliche Tiere fehlen noch, meint unser Kolumnist.

Leider habe ich vergessen, womit die Geschichte der künstlichen Tiere begann: Waren es diese Aufzieh-Blechfrösche? Oder die Kopfwackeldackel neben gehäkelten Klopapierrollenabdeckungen hinter den rückwärtigen Scheiben der Autos? In jedem Fall muss ein künstliches Tier etwas können, finde ich, also nicht herumstehen wie eine Plastikkuh, sondern mindestens nicken oder hüpfen. Machten nicht die Teddybären unserer Kindheit ein seltsames Geräusch irgendwo zwischen dem Määääh eines gelangweilten Schafes und dem Oaaah eines hexenschusskranken Mittvierzigers?

Nun sind wir bei propellergetriebenen Roboter-Bienen angekommen. Sie können, jedenfalls im Labor eines Forschungs-Institutes in Osaka/Japan unter Leitung von Herrn Eijiro Miyako, von Blüte zu Blüte fliegen und an einer Art Klettverschluss aus mit klebrigem Gel bestrichenem Pferdehaar Pollen sammeln. Und verteilen. Das ist notwendig, die Bienen sterben aus; in der Provinz Sichuan, einem der größten Obstanbaugebiete Chinas, gehen die Bauern mit Pinseln von Baum zu Baum und bestäuben selbst; es gibt keine einzige Biene mehr.

Da wir die im Rahmen der Evolution entstandenen Tiere ausrotten, müssen wir sie nachbauen, um überleben zu können. Ohne Bienen, zum Beispiel, geht's nun mal nicht. Oder jedenfalls erst, wenn wir auch Äpfel, Birnen und Himbeeren in Fabriken selbst herstellen können. Bisher schaffen wir nur Kunstrasen. (Na ja, in Holland kriegen sie auch etwas hin, was wie Tomaten aussieht.) Und die Bienen sind keinesfalls die einzigen Insekten, die bedroht sind; Fachleute vermuten - wirklich genaue Zahlen gibt es für ganz Deutschland nicht - ein Insektensterben größeren Ausmaßes, dessen Umfang der Laie daran ermessen kann, dass nach einer sommerlichen Autofahrt übers Land heute deutlich weniger Kreaturen-Reste an der Scheibe kleben als noch vor zwanzig Jahren. Zu den Lebenszwecken der Insekten gehört: Sie dienen den Vögeln als Nahrung. Denen geht es sowieso schon miserabel. Sie fallen Windrädern zum Opfer, den Katzen, auch dem Autoverkehr und der Eisenbahn, schließlich in geradezu unfassbarem Ausmaß dem Fensterglas an Häusern, 18 Millionen Vogeltote pro Jahr, schreibt die Umweltschutzorganisation BUND.

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Selbst dem Mäusebussard geht es mancherorts schon an den Kragen, und das ist wirklich nur für Mäuse eine gute Nachricht, zumal Robo-Bussarde nicht in Sicht sind. Ansonsten aber kommen wir mit dem Tierbau gut voran. In Stanford haben sie künstliche Ameisen geschaffen, in Boston einen Maschinen-Geparden namens Cheetah, der 48 Kilometer pro Stunde schafft. Es gibt Kängurus, Maulesel, Pinguine, Libellen vom Reißbrett. Katzen und Hunde sind Alltag. Miro, der Marine Intelligent Robot, bewegt sich wie ein echter Fisch im Aquarium.

Bruno, mein alter Freund, wünscht sich aber Fische mit Fell, die ließen sich besser streicheln. Und sicher ist es nur eine Frage der Zeit, bis eine vegane Kuh aus Tofu geschaffen wird, die Sojamilch gibt. In den USA stand man kurz vor der Konstruktion eines intelligenten Präsidenten, dann wurden Forschungsgelder gestrichen. Kürzlich nachts sah ich, von Entsetzen gelähmt, wie eine Metallmücke sich durchs Kunststoffnetz vor der Balkontür fraß: Sie ließ sich, von vier Rotoren auf dem Mückenrücken gesteuert, auf meinem Bein nieder, zapfte einen halben Liter Blut und sirrte taumelnd davon. Dabei gibt es genug Biomücken, wer denkt sich denn so was aus? Auch bei den Insekten trifft es wohl immer die falschen, die schönen Libellen, die Schmetterlinge, die Spinnen ...Wladimir Putin hat übrigens bei der Jagd einen funkelnagelneuen künstlichen Hirsch erschossen, Frau Wagenknecht, darüber sollten Sie mal reden in diesen Talkshows!

Illustration: Dirk Schmidt