Scheitern eines Fußball-Vaters

Unser Autor hat jahrelang versucht, seinen Sohn für Fußball zu begeistern – vergeblich. Stattdessen vermachte der Sohn dem Vater sein eigenes, eher ungewöhnliches Hobby.

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Wenn ich meinen Sohn nach dem Abendessen frage, ob wir auf der Playstation noch eine Runde Fifa spielen, das Fußballspiel, sieht er mich mitleidig an und sagt: »Och Papa, ich bin so müde. Am Wochenende vielleicht?« Frage ich am Wochenende, sagt er: »Oder gehen wir schwimmen?« Mein Sohn ist jetzt 14 Jahre alt, und ich habe über viele Jahre alles probiert, um ihn für Fußball zu begeistern. Als er klein war, nahm ich ihn im Sommer mit in den Park. Wir haben Bälle hin und her geschossen. Mir hat das Spaß gemacht. Als er größer wurde, habe ich uns zur Fußballweltmeisterschaft ein Panini-Sammelalbum gekauft. Nur gab mein Sohn nicht sein komplettes Taschengeld für die Tütchen aus wie ich damals. Er kaufte die Bilder am Kiosk gegenüber von meinem Geld, wenn ich ihn darum bat. Als Gegenleistung musste ich sie einkleben. Und im Stadion von Preußen Münster habe ich durch meinen Sohn gelernt, dass man sich die schrecklichen Spiele gar nicht ansehen muss, sondern nach dem Anpfiff auch einfach zwischen Eingang und Würstchenbuden mit dem Fahrrad umherfahren kann.

Ich mochte immer die Vorstellung, dass mein Sohn und ich etwas finden würden, das uns für immer begleitet. Bei meinem Vater und mir ist das der Fußball. Wenn wir zusammensitzen und es keine eigenen Probleme mehr zu bereden gibt, bleiben immer noch die der Abwehr von Borussia Dortmund.

Dass mein Sohn und der Fußball nicht zusammenfinden würden, war eigentlich schon früh abzusehen. Er wollte immer nur schwimmen. Am liebsten jeden Tag. Und viel lieber als Fußballbilder wollte er Haustiere sammeln. Ich habe ihn gewarnt. Ich habe ihm gesagt: »Wer Haustiere hat, muss zusehen, dass sich in den Ferien jemand um sie kümmert.« Er fragte: »Und was ist mit deinen Pflanzen?«

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So kamen wir zu den Fischen. Neonsalmler und Welse. Ich wandte natürlich ein, die ganze Arbeit werde nach vier Wochen eh an mir hängen bleiben. Aber in den ersten anderthalb Jahren passierte das überraschenderweise nicht – und dieses Argument gab letztlich den Ausschlag für die Anschaffung der beiden Farbmäuse, die von da an in einem Nagarium auf der Kommode gegenüber lebten.

Einige Monate später begannen die Sommerferien. Mein Sohn fuhr mit seinen Großeltern für zwei Wochen weg. Er gab mir genaue Anweisungen für diese Zeit. Jeden Abend eine Prise Fischfutter ins Aquarium. Für die Mäuse ab und zu ein paar Körner aus der Tupperdose ins blaue Schälchen. Sonst sei nichts zu tun.

In den Tagen darauf ging ich ab und zu ins Kinderzimmer und sah den Mäusen bei ihrer Arbeit zu. Sie unterkellerten ihr Holzhaus. Als sie fertig waren, machte ich ein Foto und schickte es meinem Sohn. Er freute sich. Danach schickte ich öfter Bilder von den Mäusen. Und dann stand ich eines Nachmittags mit meiner Kaffeetasse vor dem Nagarium, und mir fiel etwas auf.

Ich hatte viel darüber nachgedacht, für welche Dinge und wie ich meinen Sohn begeistern könnte, aber nie darüber, dass ich bei ihm etwas finden könnte, was mich begeistert. Ich sah zu den Mäusen im Käfig. Sie zerlegten gerade ein Stück Toilettenrolle. Ich war mir nicht so ganz sicher, ob wir tatsächlich in diesen Tieren das vergeblich gesuchte Thema gefunden hatten. Aber Fußball war es wohl nicht.

Als mein Sohn ein paar Tage später aus dem Urlaub zurückkam, bedankte er sich immerhin mit einer Partie Fifa dafür, dass ich mich um seine Tiere gekümmert hatte. Ich hatte etwas Pech und verlor unglücklich mit 0:5. Ich hoffe, ich bekomme irgendwann eine Revanche.