Über zwei Jahre hinweg trafen sich der Schriftsteller Roberto Saviano (Gomorrha) und der Chefredakteur der Wochenzeitung Die Zeit, Giovanni di Lorenzo, um über ihre Heimat Italien zu sprechen. Das ewige Sehnsuchtsland der Deutschen ist spätestens seit Silvio Berlusconi auch ein Ort der Irritationen, es gab also vieles zu diskutieren.
Roberto Saviano wurde als Mafia-Kritiker berühmt, seit Jahren steht er unter Personenschutz und muss an wechselnden Orten leben. »Mit jedem Schritt, den ich mache, löse ich etwas aus. Gehe ich nach rechts, öffnet sich eine Falltür, gehe ich nach links, bekomme ich einen Kübel Mist auf den Kopf gekippt«, sagt Saviano. Er musste schon einige Shitstorms aushalten – trotzdem würden ihn viele Italiener gerne als Politiker sehen, erzählt er: »Die Zeitung Il Fatto Quotidiano hat kürzlich eine Umfrage veröffentlicht, nach der 60 Prozent der befragten Italiener und 78 Prozent derjenigen, die für eine hypothetische linke Liste offen wären, mir Vertrauen entgegenbringen würden, wenn ich mich als Spitzenkandidat aufstellen ließe«, erzählt er.
Selbst Berlusconi und die rechte »Lega Nord« wollten ihn als Kandidaten für ihre Partei gewinnen, aber er sagte allen ab. »Ich sollte Innenminister werden, Kulturminister, mich fürs Bürgermeisteramt in Neapel bewerben, für das Europaparlament – ich habe nichts davon angenommen.« Denn, so Saviano, »Italien verdient es nicht, dass man sich politisch engagiert! Man wird in Stücke gerissen.« Das Land hatte 64 Regierungen seit 1946.
Die deutsche Politik sieht Roberto Saviano dagegen erstaunlich positiv. Warum er die vielen Lobbyisten im Umfeld des Bundestags für vorbildlich hält und wieso die von ihm hart kritisierten Politiker nicht nur viel Geld verdienen sollten – sondern wir sie auch wie Rockstars verehren sollten, lesen Sie hier mit SZ Plus:
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