»Ich glaube nicht mehr, dass Glück das wertvollste Gefühl ist« 

Die amerikanische Psychoanalytikerin Nuar Alsadir hat eine Form des Lachens erforscht, die sie als Ausbruch des Unterbewusstseins sieht. Ein Gespräch über die Frage, wie man zu seinem authentischen Ich gelangt – und so ein zufriedeneres Leben führt.

Foto: Connected Archives

SZ-Magazin: In Ihrem Buch Animal Joy beschreiben Sie, wie Sie als Psychoanalytikerin auf einer Fachkonferenz sprachen – und mitten in Ihrem Vortrag einen Lachanfall bekamen.
Nuar Alsadir: 
Während der Konferenz trug ich ein Ansteckmikrofon am Pullover. Als ich meinen Kopf zur Seite drehte, wurde das Wort »Ejakulation«, das ich gerade dabei war auszusprechen, überraschend verstärkt. Ich sagte: »Das war laut.« Und dann brach ich in ein Lachen aus.

War das nicht schrecklich peinlich für Sie?
Es war ein interessanter Moment. Einerseits wollte ich mich wirklich zusammenreißen, zum Text zurückkommen und professionell sein. Auf der anderen Seite fühlt sich diese Art von körpergetriebenem Lachen, das wir auch Duchenne-Lachen nennen, großartig an, obwohl es unsinnig, exzessiv und unverständlich ist. Aus dem britischen Theater stammt der Begriff »Corpsing«, der dann in den allgemeinen Sprachgebrauch übergegangen ist: wenn der Schauspieler, der die Leiche spielt, in Gelächter ausbricht und sich weigert, diesen toten Körper zu mimen. In gewisser Weise beherrscht der Schauspieler, der mit seiner Rolle bricht, die gesamte Szene, die Aufführung und das Publikum. Eine ungeheure Macht. Zudem ist ein solches Lachen ansteckend: Wenn man Zeuge der Emotionen eines Menschen wird, werden sogenannte Spiegelneuronen aktiviert, und man spürt das Gefühl des Gegenübers in sich, als wäre es das eigene. Auch mein Lachanfall hat das Publikum angesteckt.