Das Beste aus meinem Leben

Hier sind zwei Geschichten über das Suchen und Finden, über das Pech – und vor allem das Glück, das kleine, zufällige und nebensächliche Alltagsglück, meine ich.

Die erste Geschichte. Sehr viele Jahre ist es her, da war Bruno, mein alter Freund, mit einigen Leuten beim Skifahren. Das Wetter war nicht schön, es stürmte und schneite, sie fuhren eine Abfahrt hinunter, als Bruno an etwas vorbeikurvte, was er im Vorbeifahren als Tausend-Schilling-Schein erkannte. Der Schein wehte nicht umher, er war vielmehr halb von Schnee bedeckt – aber Bruno ging es damals finanziell nicht besonders gut, vielmehr ging es ihm regelrecht miserabel, so mies, dass er einen Tausend-Schilling-Schein noch gesehen hätte, wenn er unter einem Meter Schnee liegend von der Pistenraupe in die Abfahrt eingearbeitet worden wäre. (1000 Schilling, das waren gut 140 Mark, das wären heute fast 75 Euro.)

Bruno blieb stehen, hob den Schein auf, fuhr den Freunden hinterher und lud sie in die nächste Hütte ein. Sie aßen und tranken, was die Hüttenküche hergab, so sehr freuten sie sich über den Fund. Als sie eine Stunde gesessen hatten, erhob sich am Nebentisch eine ähnlich frohe Runde, nur einer blieb noch sitzen. Er musste zahlen, suchte ratlos in den Taschen seines Skioveralls, fand nicht, was er suchte, suchte weiter und suchte, bis er rief: »Ja, wo ist denn mein Tausend-Schilling-Schein?!«

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Da blieb Bruno nichts anderes übrig, als aufzustehen und dem Manne seinen Schein zu überreichen, denn er ist ein anständiger Kerl, der Bruno. Und der Mann war ein glücklicher Mensch. Natürlich lud er Bruno auf einen Schnaps ein. Den brauchte der auch, denn er musste nun seine Freunde bitten, all ihr Geld zusammenzukratzen für die Rechnung.

Und die zweite Geschichte? Hier kommt sie schon. Wir hatten keine Zeit, etwas zum Abendessen zu kochen, also bestellten wir etwas im vietnamesischen Restaurant um die Ecke. Ich spazierte dorthin, um das Essen zu holen. Die Kellnerin sagte, sie hätten keine Warmhalteverpackungen zum Wegwerfen, sondern Kochgeschirr aus Aluminium; nur müsse ich das bitte morgen zurückbringen, es koste Geld; einige Geschirre seien schon verloren gegangen.

Ich nahm das Warmhaltegeschirr in die Hand wie einen der Henkelmänner, die man früher mit zur Arbeit nahm. Die Kellnerin sagte: »Da gehen Sie nun mit dem Essen heim wie ein vietnamesischer Bauer aufs Feld.«

Am nächsten Tag stellte Paola das Geschirr innen vor die Wohnungstür, damit sie nicht vergesse, es zurückzutragen. Das war um 16 Uhr. Um 17 Uhr wollte sie beim Restaurant vorbeigehen. Aber das Geschirr war nicht mehr da. Als ich heimkam, suchte Paola schon eine halbe Stunde lang danach, es war und war nicht zu finden.

Wir suchten gemeinsam weiter. »Wahrscheinlich hat es Sophie irgendwohin geschleppt«, sagte Paola. »Sie hat gerade eine Phase, in der sie dauernd Sachen versteckt.«

»Oder hast du es, Luis?«, fragte ich.

»Nein«, sagte der.

Wir blickten in Schubladen und unter Schränke. Wir suchten unter Bettdecken und im Kühlschrank. Wir fahndeten im Wäschekorb und unter der Küchenspüle. Nichts. Nirgends. Null.

Man wird dann irgendwann ganz wirr. Zweifelt an sich selbst. Glaubt an Zauberei. Schreit: »Aber es gibt keine Zauberei!« Man glaubt an Kochgeschirrdiebe. Fängt noch einmal von vorne an.

Hört irgendwann auf.

»Dann müssen wir es eben bezahlen«, sagte ich.

Wir brachten die Kinder ins Bett. Paola ging noch ins Fitness-Center. Ich legte mich aufs Sofa und las. Aber ich konnte mich nicht konzentrieren. Um mich abzulenken, ging ich ins Bad und stopfte Oberhemden in die Trommel der Waschmaschine. Etwas klapperte. In der Trommel. Ist es nicht seltsam, dass man über das Wiederfinden eines Kochgeschirrs soooo glücklich sein kann?

Und die Moral der Geschichten? Gib erstens Geld, das du gefunden hast, nie sofort und in der Nähe der Fundstelle aus, wenn du etwas davon haben willst. Zweitens: Vergiss nie, dass Glück manchmal nur eine Frage der Zeit ist.