»In den Emiraten ist ›Made in Germany‹ extrem angesagt«

Seit Jürgen Schanz aus Stutensee-Friedrichstal der Haus- und Hofschmied des Königshauses von Bahrain ist, hat sich sein Leben enorm verändert. Seine Kunstwerke schmücken die Räume von George W. Bush, Prinz Charles und Wladimir Putin.

Illustration: Lina Müller

SZ-Magazin: Herr Schanz, wo haben Sie gelernt, wie man persische Säbel schmiedet?
Jürgen Schanz: Vor 20 Jahren meldete sich eine Sekretärin des Königshauses von Bahrain bei mir. Sie fragte, ob ich für den König ein Schwert herstellen könnte. Ich hatte so etwas noch nie gemacht – und musste natürlich erstmal recherchieren. Erst traf ich mich in London mit der rechten Hand des Königs, dann flog ich nach Bahrain und schaute mir vor Ort Originale an, nahm Maße und fotografierte sie. Zurück in meiner Werkstatt in Stutensee-Friedrichstal habe ich das erste Schwert für den König geschmiedet. Es scheint ihm gefallen zu haben.

Wie kommt das Königshaus in Bahrain auf einen Schmied aus Baden?
Eine Werft aus Norddeutschland fertigt die Yachten für das Königshaus. Der König ließ den Betreiber fragen, wer in Deutschland persische Schwerter schmieden könne. In den arabischen Emiraten ist »Made in Germany« extrem angesagt. Der Betreiber der Werft wusste von der Qualität meiner Messer und brachte deshalb meinen Namen ins Spiel.

Wofür braucht der König von Bahrain so viele Schwerter?
Als Staatsgeschenke. Eines meiner Schwerter ist so in den Besitz von George W. Bush gekommen.

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Wie haben Sie davon erfahren?
Normalerweise erhalte ich keine Informationen darüber, was das Königshaus mit meinen Schwertern macht. Ich würde auch nie fragen, wem der König schon eines überreicht hat, dafür habe ich zu viel Respekt vor ihm und seinem Amt. Das mit Bush habe ich damals aber ganz einfach über das Internet rausbekommen: Wenn Sie »sword« und »bahrain« googeln, finden Sie das Bild, auf dem der König das Schwert an Bush übergibt. Zoomt man ein bisschen heran, dann erkennt man meine Gravur mit Seriennummer und Jahreszahl.

Seitdem sind Sie der Haus- und Hofschmied des Königshauses von Bahrain. Auch Prinz Charles und Putin bekamen Schanz-Schwerter auf Staatsbesuchen geschenkt. Wie hat sich ihr Leben seitdem verändert?
Wenn man für ein Königshaus fertigt, dann ändert sich natürlich die Auftragslage. Und ich hätte davor nicht gedacht, dass ich mal mit einem König zu tun habe. Wenn ich in Bahrain bin, dann holen mich Angestellte des Königs mit dem Mercedes vom Rollfeld ab, ich habe dort die ganze Zeit einen Chauffeur. Der König nimmt sich eigentlich auch jedes Mal Zeit für mich und wir sprechen kurz. Manchmal treffen wir uns in Monaco, Genf oder Cannes. Der König hat mich auch mal in meiner Werkstatt besucht.

Der König von Bahrain in der badischen Provinz?
Ja, seine Familie ist öfter in Baden-Baden, das ist 60 Kilometer von mir entfernt. Die machen dort Wellness. Ab und zu kommt er dann mit seinem Gefolge vorbei und wir trinken zusammen Kaffee und sprechen über die Familie und über das Wetter. Mit dem König selbst rede aber nie über das Geschäft. Das erledigen immer seine Berater.

Wie viel lässt sich das Königshaus von Bahrain so ein Schwert kosten?
Die genaue Summe kann ich nicht nennen, aber das bewegt sich schon im fünfstelligen Bereich. Das ist eine normale Handwerkskalkulation, die gilt für jedes meiner Stücke. Ich mache keine Unterschiede, ob das jetzt ein Schwert für den König oder ein Messer für ein Gasthaus in der Region ist. In den Säbeln steckt einfach enorm viel Arbeit. Allein für die Klinge brauche ich schon 70 bis 80 Stunden.

Manche Ihrer Waffen wurden auch an Autokraten verschenkt. Regt sich da manchmal ein schlechtes Gewissen?
Für mich sind das keine Waffen, sondern Kunstgegenstände, die ich als Handwerker fertige. Die landen ja nicht im Krieg, sondern im Museum oder in der Vitrine. Deshalb kann ich damit leben, dass jemand wie Putin eines meiner Schwerter besitzt. Außerdem ist mein Auftraggeber ja immer noch das Königshaus Bahrain. Ich habe keinen Einfluss darauf, an wen die meine Schwerter verschenken.