Wer wäre ich ohne Wein?

Unsere Autorin wuchs in einer Winzerfamilie an der Mosel auf. Wein gehört einfach zu ihrem Leben. Doch nun beginnt sie, an dieser Selbstverständlichkeit zu zweifeln und fragt sich: Verherrlicht sie das Trinken? Und wo beginnt Alkoholismus?

Illustration: Helena Margrét Jónsdóttir

Mein Vater bringt seit Jahren den immergleichen Spruch. Wenn er von unserer Familientradition erzählt, setzt er eine betont ernste Miene auf und sagt: »Seit mehr als 600 Jahren erfolgreich im Drogenanbau!« Es ist die Wahrheit. Im Jahr 1381 hat ein gewisser Johann Haart aus Piesport an der Mosel dem Vogt von Hunolstein acht Sester (ein Sester sind etwa 18 Liter) Wein überlassen. Als Pacht für einen Wald. So steht es in einer Urkunde, die heute in der Landesbibliothek in Koblenz