Telekolleg Fummeln

Endlich gibt es ein interaktives Web-Tutorial für die Bedienung der Klitoris. Gut so, aber Trainingsbedarf besteht noch in ganz anderen Bereichen der Liebe – es ist unter anderem Zeit für eine »virtual mom«.

Die Menschen werden immer orientierungsloser. Die einen finden ohne Navi nicht mal mehr ihr Elternhaus, die anderen brauchen einen virtuellen Guide, um die Klitoris zu finden (laut verschiedener Studien wissen immerhin zwischen 25 und 30 Prozent aller Frauen und Männer nicht, wo genau die eigentlich ist). Und hat man sie erst gefunden, muss man ja auch noch wissen, wie man sie benutzt. Die Website omgyes.com bietet nun einen ganz und gar auf die Bedürfnisse der Generation Youtube abgestimmtes Schulungsprogramm: In interaktiven Videosequenzen können die Nutzer nicht nur eine waschechte Klitoris bestaunen, sondern sie auch gleich noch mit verschiedenen Techniken stimulieren.

Dazu einfach ein bisschen auf dem Touchscreen herumfingern, die Klitorisbesitzerin gibt freundliches Feedback (»Hey, nicht so schnell, ja, gut so, immer schön im Kreis...«), und anders als etwa bei einem Flugsimulator darf und soll die gelernte Technik unbedingt am echten Objekt zur Anwendung gebracht werden. Für all die jungen Männer, die ohne Youtube-Tutorial nicht mal mehr ein Spiegelei braten können, sind interaktive Trainings-Apps dieser Art natürlich von großem Vorteil. Auch in anderen Bereichen des zwischenmenschlichen Umgangs und der Beziehungsanbahnung könnte die Technik helfen.

Hier nur einige wünschenswerte Beispiele:

Meistgelesen diese Woche:

Stalking-Blocker 
Einfach auf den Smartphonebildschirm hauchen und diese App misst, wie betrunken Sie sind. Ab 0,5 Promille blockiert sie automatisch die Telefonnummern und Facebookprofile sämtlicher Dates und Ex-Freundinnen der letzten vier Jahre, um den User vor unbedachten Chats, SMS, Anrufen und Kommentaren zu bewahrten. Das (kostenpflichtige) Elektroschock-Update verstärkt die Wirkung noch zusätzlich.

Schlüpper-Crush 
Ein Smartphonespiel mit Suchtpotential! Finden Sie immer drei gleichfarbige Socken oder Unterhosen und ziehen Sie sie auf die Öffnung ihrer virtuellen Waschmaschine. Bonuslevel wie »Spülmaschinen-Tetris« erhöhen den Spielspaß. Kann mit einem Haushaltsgerätesimulator-Upgrade ergänzt werden, mit dem nicht nur das korrekte Befüllen, sondern auch das Bedienen der Geräte trainiert werden kann. Auf Wunsch werden hohe Punktzahlen auf ihrem Tinder-Profil veröffentlicht, um die Paarungsbereitschaft potentieller Dates zu erhöhen.

Girlfriendgotchi 
Diese dem Tamagotchi nachempfundene virtuelle Partnerin muss täglich mit verschiedenen körperlichen und geistigen Annehmlichkeiten versorgt werden, damit sie sich nicht deinstalliert: »Angeregte Diskussion über gemeinsam gelesenen Roman«, »Interessierte Nachfrage zu ihrem Arbeitstag / ihrer politischen Einschätzung der Lage / ihren Regelschmerzen«, »Fußreflexzonenmassage«, »Blumen – einfach nur so«, »ungewöhnliches und total ernst gemeintes Kompliment«, »inniger Kuss«, »Aussicht auf Anwendung neuer bei omgyes.com gelernter Klitorisstimulationstechniken«.

Virtual-Mom
Diese App hilft Ihnen bei der Date-Vorbereitung. Aus mehr als 4000 Stimm-Sampels können Sie die Stimme auswählen, die der ihrer Mutter am nächsten kommt. In den Stunden vor einer Verabredung führt Sie die Virtual-Mom liebevoll, aber bestimmt, durch die notwendigen Vorbereitungsschritte: »Mäusel, Dein Bett könnte mal wieder neu bezogen werden. Meinst Du nicht, das wäre heute ein guter Zeitpunkt?«, »Schatz? Gehst Du bitte noch duschen, bevor Du los gehst? Und denkst Du an die Vorhaut? Und jetzt noch Zähneputzen. Schön kreisen, auch die Backenzähne. Fein gemacht!«, »Zeig mal, was hast Du denn angezogen? Ja, schick siehst Du aus! Aber vielleicht bügelst Du das Hemd noch schnell ein bisschen auf?« Die App kann mit dem Facebook-Beziehungsstatus verknüpft werden und schaltet bei Statusveränderungen automatisch in den »Sie hat dich gar nicht verdient, mein armer Liebling!«-Modus.

Monolog-Stopper
Diese App registriert, wenn Sie wieder mal ihr Gegenüber voll sülzen und erinnert Sie mit dezenter Smartphonevibration daran, dass nun langsam der Augenblick gekommen ist, ihrem Date auch mal eine Gegenfrage zu stellen. Per In-App-Kauf können zusätzlich nützliche Phrasen wie beispielsweise »Und was machst Du so?« oder »Was denkst Du darüber?« erworben werden. Ein interaktiver Dialog-Trainer mit virtuellen Surrogat-Dates hilft beim Erlernen der Kulturtechnik »Unterhaltung«.

Ps: Sollten sich einige dieser Ideen durchsetzen, würden Frauen auch nicht mehr so gereizt darauf reagieren, wenn die Männer an ihrer Seite den Blick nicht mehr vom Smartphone wenden können. »Süß, er trainiert wieder«, würden sie denken.

Illustration: Sammy Slabbinck