„Heute eine staubige Ebene, morgen eine blühende Stadt.“

Fotografie hat im SZ-Magazin schon immer eine herausragende Stellung eingenommen. Daher stellen wir Ihnen hier junge, talentierte Fotografen vor. Diesmal: Kilian Blees hat die Himalaya-Region über mehrere Jahre bereist und das Leben im Hochland fotografiert.

    Name: Kilian Blees
    Geboren: 1981
    Ausbildung: Akademie der Bildenden Künste München
    Website: www.flachware.de/kilian-blees

    Herr Blees, Sie waren mehrmals in der Himalaya-Region unterwegs und haben die Menschen in Nepal, Tibet und China über die letzten sechs Jahre fotografisch festgehalten. Hat sich in dieser Zeit viel dort verändert?
    Kilian Blees:
    In den letzten Jahren hat sich die Region wahnsinnig verändert. Das Stadtbild hat sich von urigen Lehmhütten zu gefliesten Fassaden und Hotels gewandelt. In 2003 sind wir noch mit dem Jeep über holprige Pisten gefahren. Als ich 2007 das letzte Mal dort war, hatte die chinesische Regierung bereits eine Art Autobahn gebaut. Ich habe während meiner ersten Besuche ein Schild gesehen, auf dem stand: „Heute eine staubige Ebene, morgen eine blühende Stadt.“ Einer der Orte, die Sie bereist haben, ist die nepalesische Region Dolpo. Sie gilt als sehr ursprünglich und war lange Zeit touristisch kaum erschlossen. War es schwer, dort als ausländischer Fotograf zu arbeiten?
    Nein, gar nicht. Es war eine der eindrucksvollsten Reisen. Auf mich haben diese Menschen eine unheimlich friedliche Ausstrahlung gehabt. Sie waren von unserer Ankunft völlig unbeeindruckt und gingen ihrem Tagewerk mit einer inneren Zufriedenheit nach. Es war dieses Unbeschwerte, eine ursprüngliche Freude am Moment, die uns hier in Deutschland immer ein bisschen fehlt. Ich würde es als ein unkompliziertes „Im-Moment-Sein“ beschreiben.

    Welche Situation ist Ihnen am stärksten im Gedächtnis geblieben?
    In der Nähe der Hauptstadt Nepals, Kathmandu, sind bei einem starken Schauer drei gutgelaunte Schulmädchen mit einer Leichtigkeit durch den Regen getanzt, anstatt wie alle anderen davor zu fliehen. Das hat mir aus der Seele gesprochen und war für mich der Anfang meiner Aufnahmen.

    Hat die angespannte politische Lage zwischen China und Tibet Ihre Arbeit beeinflusst?

    Kann man so sagen. Zum Beispiel, als ich das letzte Mal in Tibet war, im Herbst 2007 vor Olympia. Wir umfuhren den Berg Kailash und als wir am Fuße des Berges im Ort Darchen ankamen, sollte eine Buddha-Statue gesprengt werden. Es gab einen riesigen Aufstand, überall war Militär. Wir mussten im Ort bleiben, durften nicht außer Haus. Jemand hat sich beschwert und wurde daraufhin festgenommen. Am nächsten Tag war die Stimmung im Ort sehr verändert. Ich spürte die Ohnmacht gegenüber der chinesischen Staatsgewalt, das Ausgeliefertsein. Es war unglaublich deprimierend.

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