Das Beste aus aller Welt

Axel Hacke fragt sich wo all die Badeenten sind, die 1992 im Pazifik versanken. Außerdem hat er Angst, dass eines Tages viele von uns Entenreste in ihrem Körper haben werden.

Anlässlich des Darwin-Jahres ist die Frage angebracht, warum die Evolution auf dem Gebiet der Badetiere die Ente klar begünstigt hat. Ein Blick ins aktuelle Angebot lässt unsere Herzen höher schlagen: von der Badeente Agathe »mit Superquietsch« über die Bauarbeiter Badeente »mit Warnweste, aufrecht schwimmend« hin zum Hot Rod Devil Duckie (»Wenn du mit ihm ein heißes Vollbad nimmst, fühlst du dich, als ob du in heißem Höllen-Magma baden würdest. Es wird dich bei deinem allabendlichen Entspannungsbad mit seinen gekrümmten Augenbrauen lüsternd beobachten«, ja: »lüsternd«…) – es fehlt nichts, was Kinder und Infantilisten begehren.

Wer spricht noch von Babebibern und Badekröten? Wer mag den »Badefrosch Glow-in-the-dark mit Feuerwehrhelm« erwerben, wenn er die Badeente Zarah mit leichtem Quietsch und Federboa »in Einzelklarsichtbox verpackt« haben kann? Ist es das Kindchenschema des Entenkopfes, das uns berührt? Das Unschuldig-Schnabelhafte des Gesichts? Das Kükengelb des Gummikörpers? Lässt die Prägung durch Donald Duck uns zur Badeente greifen? Als im Januar 1992 ein Sturm im Pazifik zwölf Container von Bord eines Frachters fegte, war einer dabei, der Badeenten, -frösche, -biber und -kröten enthielt. Er öffnete sich und entließ 29000 Gummitiere ins Meer. Zwei Drittel von ihnen schwammen nach Süden, einige erreichten Hawaii, Indonesien, Südamerika. 10000 trieben durch die Beringstraße, froren im Packeis ein, drifteten zum Atlantik. 2001 wurde eines der Wesen auf den Hebriden gefunden, andere erreichten 2003 die US-Ostküste. 2007 wurde eine Ente am Strand der englischen Grafschaft Devon gefunden. Das Ereignis wurde seiner außerordentlichen Bedeutung wegen vor Jahren auch an dieser Stelle gewürdigt. Aber immer war nur die Rede von Enten, nicht von Bibern, Kröten, Fröschen. Die Weltpresse schrieb nur über Enten.

Auch als vor drei Monaten ein Forschungsteam der NASA neunzig Gummitiere in Löchern eines Grönland-Gletschers versenkte, hoffend, sie würden eines Tages irgendwo wieder auftauchen und man könne so Schmelzvorgänge und Wasserwege im Innern des Eises nachvollziehen – auch damals nahm man: Enten! Allerdings sind sie seither nicht mehr gesehen worden. Die NASA zahlt eine Belohnung von hundert Dollar für die erste gefundene Ente.

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Die NASA? Das ist eine Überraschung: dass auch die NASA der Verführung durch die Badeente erlegen ist. Ist nicht diese Behörde für die Erforschung der Luft und des Raumes zuständig? Was treibt sie in Grönland? Was hat das für die Zukunft der Quietsche-Ente zu bedeuten? Wird es eine Badeente sein, die als erstes lebendes Wesen zum Mars fliegt? Wird man eines Tages im Genfer Protonenbeschleuniger gelbe Enten auf Lichtgeschwindigkeit beschleunigen, um sie miteinander kollidieren zu lassen und herauszufinden, welche Geräusche sie dabei machen?

Im Programm Bayern 2 des Bayerischen Rundfunks gab es vor einem halben Jahr eine interessante Sendung über Die Weltreise der Gummienten. Man erfuhr, dass die Enten letztlich nichts sind als Plastikmüll. Und dass mittlerweile auf jedem Quadratkilometer der Weltozeane bis zu 18000 Plastikteile treiben. Viele werden von Tieren gefressen. Meeresschildkröten halten Plastiktüten für Quallen, verschlucken sie und sterben. Albatrosse verwechseln Coca-Cola-Flaschenverschlüsse mit Krebsen, füttern damit ihre Küken – diese sterben.

Kleine Quallenarten nehmen Plastikbruchstücke nicht nur auf, sondern bauen sie in ihr Körpergewebe ein; es entstehen Mischwesen aus Gummi und Glibber. Es gibt Meere, in denen winzig geschredderte Kunststoffteile zahlreicher sind als Plankton. Auch die Badeenten werden zerfallen, ihre Bestandteile werden von Fischen gefressen werden. Und wer isst den Fisch?

Sodass eines Tages viele von uns ein Stückchen Badeente in sich haben oder gehabt haben werden. Oder einen Froschfetzen. Einen Krötenkrümel. Ein Biberbröckchen …

Illustration: Dirk Schmidt