Wie Handys neue Worte erfinden

Viele Menschen diktieren ihre Nachrichten, um lästiges Tippen zu vermeiden. Dabei kommen die skurrilsten Wortneuschöpfungen heraus, denn: Auch Maschinen hören nur, was sie kennen.

In der Post fand sich die Nachricht von Herrn W. aus Oldenburg, der auf Teneriffa an einem Laden vorbeigekommen war, der Bensmittel verkaufte, ein Wort, von dem der Ladenbesitzer wohl erstens dachte, es sei Französisch, und zweitens, er dürfe es keinesfalls ohne bestimmten Artikel auf seine Tafel schreiben, weshalb er annoncierte, im Laden gebe es Le Bensmittel zu erwerben.

Ich bekam La Chanfall.

Und erinnerte mich an eine SMS von Paola, meiner Frau, die auf meine Frage, was es heute Abend zu essen geben könnte, antwortete: »Vielleicht mal wieder Teig?«

Meistgelesen diese Woche:

»Oooch, Teig?«

»Thai!!!«, schrieb sie zurück. Und es habe auch schon lange nicht mehr Lachs/Gratis gegeben!

Diesmal meinte sie Lachs mit einem Kartoffelgratin. Paola ist leidenschaftliche Anhängerin der Diktierfunktion des Handys.

Sobald wir mit dem Auto fahren, ich auf dem Fahrer-, sie auf dem Beifahrersitz, beginnen Texte auf mich niederzuregnen, Kurzmitteilungen, Mails. Wo andere Leute Radio hören oder die Klaviersonate Nr. 13 Es-Dur op. 27 Nr. 1 von Beethoven, lausche ich der lieblichen Stimme meiner Frau: »Sehr geehrte Damen und Herren Komma Absatz haben Sie besten Dank für das Angebot zur Renovierung unseres Wohnungs Skylars Komma das ich … Oooo, nee, was machst du denn da, du Idiot?!«

»Waaas?!«, frage ich.

»Nein, nicht du natürlich!« Sie beginnt auf der Tastatur zu tippen und die Worte »Wohnungs Skylars« durch den Genitiv des Begriffs »Wohnungskeller« zu ersetzen, dann geht es weiter: »das ich gestern erhalten habe Punkt Wäre es möglich Komma«

So ist Wumbaba, der Verhör-Experte, im Reich der Computer angekommen. Aber auch hier funktioniert das nach dem menschlichen Prinzip: Man hört nur, was man kennt. Diktiert man meinem Handy das Wort Supervisor, schreibt es Super Weiser, sagt man Multitasking, kommt Malte Tanzking, All-You-Can-Eat heißt Oh Jucken id. Da fällt mir noch der Brief von Herrn G. aus Düsseldorf ein, der von einem Bekannten mit den Worten in eine Cigar-Lounge eingeladen wurde, es werde dort eine »Überaschung« geben, was in einer Cigar-Lounge möglich, aber nicht willkommen ist. Es war dann auch eine Überraschung, mit Doppel-rr. G. berichtete dann noch von den Widrigkeiten des Spracherkennungsprogramms in seiner Arztpraxis. Gerade habe er einen Brief an eine Patientin aufhalten können, in dem es hieß: »… und Sie berichteten, dass sich Ihr Gesicht leider ungünstig verändert habe.«

Es sollte natürlich »Gewicht« heißen.

Herr W. hat eine weitere andere schöne Geschichte berichtet, aus seiner Kindheit. Er war bettlägerig, sein Husten wurde mit einem Mittel namens Inspirol behandelt. Dann kam zu seinem Erstaunen im Radio ein Lied, wie maßgeschneidert für ihn: »Kinder, ist das Leben schön, ohne Inspirol zu seh’n, mal so richtig bummeln geh’n, das ist was für mich.«

Es war dann aber doch eine (in den Fünfzigerjahren recht bekannte) Band namens Friedel Hensch und die Cyprys mit ihrem Schlager: »Kinder, ist das Leben schön, ohne ins Büro zu geh’n …«

Illustration: Dirk Schmidt/Foto: dpa