Theresa: Linda, herzlich willkommen. Eine Hamburgerin treffen wir heute in München und wir machen eine Art Frühschoppen könnte man sagen.
Linda: Ja, ich bin auf alles vorbereitet. Ich hoffe, ich kann am Ende dieses Podcasts noch geradeaus reden, weil ehrlich gesagt, das ist nicht so mein Ding: day drinking.
Theresa: Vor allem morgens um (sieht auf die Uhr)… es ist 10:51.
Linda: Gleich 11 Uhr, dann ist das natürlich okay (lacht).
Theresa: Was war denn dein letztes Glas Wein? Und wann?
Linda: Das war vor einer Woche. Und zwar war ich da essen mit einer Freundin. Wir sind im Portugiesen-Viertel in Hamburg gelandet. Ich muss sagen, es war leider ziemlich schäbiger Wein, von dem man ein Glas trinkt und morgens denkt: Hätte ich es einfach gelassen oder hätte gleich Hochprozentiges genommen. Es würde mir wahrscheinlich jetzt besser gehen.
Theresa: Also doch lieber Ouzo.
Linda: Ouzo geht immer, in Maßen natürlich. Aber das kann ich ganz gut regulieren.
Theresa: Mit einem Ouzo hast du dich ja auch damals bei der Tagesschau verabschiedet. Ein schlanker griechischer Abgang. Aber du sprachst gerade schon von später noch geradeaus Sprechen können. Tatsächlich ist es, finde ich, hochspannend und sehr bewundernswert, wenn man so professionell sprechen kann. Natürlich hast du das auch gelernt, aber gibt es irgendwelche Tricks? Und hast du auch eine Sprachmarotte?
Linda: Ich habe eine Zeit lang am Ende des Satzes geknarzt. Das heißt, man hört am Ende so ein Krächzen. Da ist es wichtig, dass man sauber atmet und man sich konzentriert. In meiner Privatsprache habe ich leider doch auch Hamburger Slang. Das ist dann so (spricht hamburgerisch): Jo, gib ma die Kasseddä.
Theresa: (lacht) Das kann man sich bei dir gar nicht vorstellen. Ich persönlich finde das ganz sympathisch, wenn man heraushört, woher eine Person kommt.
Linda: Mich lenkt das bei Nachrichten hin und wieder ab. Sobald ich am Mikro stehe und die Rolle als Nachrichtensprecherin einnehme, stellt sich mein Gehirn sofort um und ich bin in diesem Nachrichten-Modus.
Theresa: Okay, das heißt, es gab eine »Tagesschau-Linda" und eine „private Linda«.
Linda: Auf jeden Fall.
Theresa: Dann gucken wir jetzt mal auf den Wein. Ich würde jetzt einfach mal was einschenken. Uns wurde gesagt, dass du Grauburgunder sehr gerne trinkst. Wir haben zwei verschiedene dabei, nämlich einen Jahrgang 2021 und eine Flasche aus dem Jahr 2014. Und wir gucken einfach mal, was uns besser schmeckt. Das ist der erste.
Beide trinken.
Linda: Hm, der ist ja lecker. Herrlich! Ich merk auch schon was. Das geht recht schnell bei mir. Aber ich habe ausreichend gefrühstückt, wohlwissend, dass ich eine kleine Basis brauche.
Theresa: Ich schenke jetzt einfach mal auch den anderen ein.
Linda: Guck mal. Der ist schon mal dunkler und sieht auch ein bisschen kräftiger aus.
Theresa: Du hast recht. Sieh mal einer an, Linda erkennt den Alkoholgehalt an der Farbe (lacht). Dieser 2021er Grauburgunder hat 14 Volumen-Prozent. Und der erste ist ein 2014er, der wurde im Barriquefass ausgebaut. Was ist es, was dir am Grauburgunder gefällt?
Linda: Ich mag einfach das Weiche. Das ist so ein wohliges Gefühl. Oder anders gesagt: Die Wolken umschließen einen, als würde man ein bisschen in Zuckerwatte liegen. Das ist das Schöne.
Theresa: Ja. Ich glaube, deswegen ist Grauburgunder so ein beliebter Allrounder für ganz viele. Er ist nicht zu säurespitz, ein Wein, der auch ganz hervorragend zum Essen funktioniert. Aber ich habe gelesen, dass du gar nicht gerne kochst.
Linda: Stimmt. Mich strengt das an. Ich kann nicht schön anrichten. Ich koche etwas und dann kommt das »bäm!« auf den Teller. Selbst mein Mann packt dann noch ein Blättchen Petersilie dazu und es sieht immer schön aus. Und bei mir ist das so »Hauptsache es schmeckt«. Und deswegen koche ich so ungern für andere.
Theresa: Trotzdem hast du ein Kochbuch rausgebracht. Gibt es da ein Signature-Gericht, was es oft bei dir Zuhause gibt?
Linda: Ich habe ein Rezept für einen Kichererbsen-Eintopf mit der Gewürzmischung Ras El Hanoud, da sind immer alle geflasht. Das Kochbuch heißt: »Wenn ich das kann, kannst du das auch«. Es sind Rezepte, für die man nicht viele Zutaten braucht.
Theresa. Wie ist das nun bei euch zu Hause, wenn dein Mann, wie du sagst, eher fürs Kochen zuständig ist, bist du dann für den Wein zuständig?
Linda: Nein. Mein Mann ist, auch weil er lange in Süddeutschland gelebt hat, darin irgendwie firmer. Die Nähe zu Weingütern merkt man ihm mehr an als mir.
Theresa: Ich dachte, mit diesen zwei Weinen, die ich heute mitgebracht habe, können wir herausfinden, wie es ist, wenn man zwei unterschiedliche Jahrgänge hat, zwei unterschiedliche Stile, aber den gleichen Winzer und die gleiche Rebsorte. Trotzdem sind die Weine sehr unterschiedlich. Ich kann mir tatsächlich diesen reiferen der beiden Weine super gut zu einem Kichererbsen-Eintopf vorstellen.
Linda: Wobei, ich könnte davon tatsächlich nur ein Glas trinken, danach hätte ich ziemlich viel von diesem Zuckerwatte-Gefühl.
Theresa: Verstehe (lacht). Jetzt ist es mehr als ein Jahr her, dass du die letzten Tagesschau gesprochen hast. Du hast oder hattest seitdem neue Projekte, zum Beispiel den Podcast »Gute Deutsche«. Warum war das Format so wichtig?
Linda: In »Gute Deutsche« geht es darum, sich mit prominenten Menschen zu unterhalten, die einen Migrationshintergrund haben und ihre Geschichte erzählen. Wie sie hier angekommen oder groß geworden sind, was dieser Migrationshintergrund mit ihnen gemacht hat. Die Idee ist entstanden am Höhepunkt der Flüchtlingswelle. Da kam der Impuls: Hey, Deutschland ist ein Willkommensland, es steht für Vielfalt und Migration gehört ja auch zur Geschichte Deutschlands.
Theresa: Jetzt ist es so, dass Nachrichten, die du ja viele Jahre präsentiert hast, oft eine Tragik, eine Ernsthaftigkeit haben. Wie bleibt man trotzdem optimistisch?
Linda: Ich kann das ganz gut ausblenden. Der Alltag mit der Familie hilft da sehr. Als Mama musst du deinen Kindern auch eine gewisse Hoffnung geben und ihnen eine schöne Zeit bereiten und sie motivieren. Im Nachrichtengeschäft liegt der Fokus natürlich meist auf dem Negativen. Ich schaue mir also manchmal zwei Tage bewusst keine Nachrichten an. Das hilft mir, meinen Optimismus zu bewahren.
Theresa: Was macht dir denn am meisten Spaß an deinem Job?
Linda: Am liebsten bin ich ehrlich gesagt draußen unterwegs, um mit den Menschen zu sprechen und man weiß nie, was passieren wird. Die Entscheidung, mit der Tagesschau aufzuhören, war zugegeben kein leichter Schritt, da habe ich sehr lange überlegt. Die Möglichkeit, etwas neues anzufangen, war toll. Ich bin nun viel breiter aufgestellt. Was mich besonders überrascht hat waren die vielen Zuschriften von ehemaligen Kolleginnen und Kollegen, die mich für meinen Mut gelobt haben und sagten, sie würden das auch gerne tun, trauten sich aber nicht. Das hat mir im Nachhinein gezeigt, wie mutig dieser Schritt war.
Theresa: Jetzt müssen wir noch ein Resümee zu den Weinen ziehen. Welcher hat dir besser geschmeckt?
Linda: Der 2014er hat es in sich. Der hat für mich das Rennen gemacht.
Theresa: Ja, der beschäftigt einen noch ein bisschen länger. Er ist etwas tiefgründiger. Vielen Dank, Linda, für deine Zeit.
Linda. Ich habe zu danken. Dankeschön.