Theresa Olkus: Weiß oder Rot, was trinkst du lieber?
Max Herre: Am liebsten gerade Rosé. Wir waren erst zwei Wochen in Sizilien und die haben sehr guten Rosé. Ansonsten trinke ich eher Weiß tatsächlich. Ich mag Rotwein zwar sehr, aber das Vergnügen kann bei mir auch schnell vorbei sein, weil ich sehr schnell müde werde. Dann ist die Party vorbei, bevor sie angefangen hat. Wenn ich Rotwein trinke, dann darf es auch gern sehr schwer und tintig sein.
Wenn ich an Stuttgart denke, denke ich an den Kesselblick und an die schwäbische Mentalität. An was denkst du?
Mein erstes Lebensjahr habe ich in der Neuen Weinsteige verbracht. In Stuttgart gibt es tatsächlich an den Hängen in den Kessel noch ein paar Weinreben. Leider immer weniger, aber da bin ich groß geworden. Es gibt im Herbst ja die Besenwirtschaften, wo die Wengerter immer die Besen vor ihre Häuser stellen und du sozusagen im Wohnzimmer Hausmannskost bekommst. Als Kinder haben wir ab und zu mal bei der Weinlese geholfen, denn es gab einen Freund in der Familie, der Wengerter war. Das sind Kindheitserinnerungen, auch wenn ich es jetzt viele Jahre nicht mehr gemacht habe. Es gab aber ein paar Herbste, da sind wir losgezogen, hatten einen Zuber auf dem Rücken - das ist ja alles Hanglage -, Schere und einen Korb dabei und haben dann den Wein gelesen und anschließend in die Kelter gefahren.
Ich habe einen Lemberger mitgebracht aus deiner Heimat. Was sagst du nach dem ersten Schluck?
Der riecht auf jeden Fall super. Also tatsächlich hätte ich nicht gesagt, dass das ein schwäbischer Wein ist. Das schmeckt wie ein vollmundiger, schwerer Wein und ist genau einer der Sorte, bei denen ich jetzt noch drei Sätze sage und dann auf der Stelle einschlafe.
Inzwischen wohnst du schon lange in Berlin. Wie oft bist du heute noch in der alten Heimat in Stuttgart?
Ich bin bestimmt acht bis zehnmal im Jahr in Stuttgart. Entweder zum Arbeiten oder zum Spielen. Meine Familie ist noch da, meine Eltern leben dort und mein Sohn wohnt aktuell für ein Jahr in Stuttgart. Insofern gibt es noch viele Gründe, auch gute Freunde. Ich mache dann dort meine Runde, über den Marienplatz, gehe in die Stadt und schaue, wer so rumtingelt. In Berlin trifft man sich nicht einfach so auf der Straße. Das musste ich auch erst lernen, denn in Stuttgart musste man sich nicht verabreden. Man ist einfach los, ist die drei Stellen abgelaufen, an denen sowieso immer alle waren und hat sich dann gefunden. Das ist schon anders hier in Berlin.
Verfällst du auch in einen schwäbischen Dialekt, wenn du wieder eine Zeit lang dort bist oder war so einer bei dir nie da?
In bestimmten Situationen kann ich das, konnte es aber nie richtig. Meine Mutter kommt aus einer Berliner Familie, mein Vater ist Schwabe, aber hat auch nicht so ein breites Schwäbisch gesprochen. Schwäbisch ist ja auch mehr nur Dialekt, es ist auch eine Art mit Redewendungen umzugehen. Wenn ich beim Bäcker bin und da wird Dialekt gesprochen, mache ich das auch mit, aber ich habe es nicht so parat wie Andere.
Hast du dir mal Gedanken gemacht, was gekommen wäre, wenn du kein Musiker geworden wärst?
Es gab schon Alternativen, eine die zum Beispiel meinen Eltern präsentiert wurde. Ich habe mich nach dem Zivildienst an der Uni in Stuttgart eingeschrieben, ich glaube es war Deutsch und Englisch. Es gab auch mal die Überlegung, dass Journalismus etwas für mich sein könnte. Gleichzeitig hat die Filmakademie in Stuttgart aufgemacht, das fand ich immer spannend. Glücklicherweise ist es dann aber sehr nahtlos übergangen, wir haben damals schon an der Platte gearbeitet und ich konnte daraus relativ nahtlos ein Leben machen.
Also sich nie wieder anhören müssen, „was ist eigentlich aus diesem Studium geworden“?
Genau! Mein Vater hat das relativ lange geglaubt und er war dann sehr erstaunt als ich gesagt habe, ich sei nur dort gewesen, um mich einzuschreiben und wurde dann nie wiedergesehen. Dadurch dass diese Platte relativ schnell erfolgreich wurde und es mit „Anna“ einen erfolgreichen Song gab, wurden meine Eltern später auch zu einer „Gold-Verleihung“ eingeladen. Das war für sie dann schon so etwas wie ein Diplom, so in der Art „Okay, das sage und glauben auch andere, dass er das kann“.
Dein neues Album heißt „Athen“. Welchen Bezug hast du zu Griechenland?
Mein Vater hat in Athen gelebt in den Achtziger Jahren und wir waren ganz oft und immer wieder als Kinder da. Es gibt also ein enges Band. Irgendwie war das eine Stadt, die immer im Kosmos der Familie war und für mich mit Kindheitserinnerungen zu tun hat. Als ich dann anfing, diese Platte zu schreiben und mich an bestimmte Dinge zu erinnern, wurde Athen ein guter Fluchtpunkt dafür, eine schöne Klammer und wie eine Art Sehnsuchtsort. Ich war dieses Jahr schon zweimal dort und habe eine sehr enge Bindung dorthin. Darüber sind diese Songs entstanden.