Auf ein Glas Wein mit Sara Nuru

Dass sie »Germany’s Next Topmodel« gewonnen hat, ist viele Jahre her. Sara Nuru ist längst nicht mehr nur als Model bekannt, sie ist auch erfolgreiche Unternehmerin und hat sich ganz dem Kaffee verschrieben. Sie sagt: Wein und Kaffee haben viele Gemeinsamkeiten. Darüber hat sie mit Theresa Olkus bei einem Treffen in Zürich gesprochen – bei einem Glas Chardonnay aus Rheinhessen

Model und Unternehmerin – Sara Nuru kann beides und hat mit beidem Erfolg. Foto: Lucas Pretzel

Theresa: Sara, herzlich willkommen. Schön, dass es geklappt hat, und das ziemlich früh morgens, eigentlich hätten wir auch einen Kaffee trinken können. Wein und Kaffee haben ja viele Gemeinsamkeiten. Es ist immer etwas Geselliges. Man trifft sich auf einen Kaffee, man trifft sich auf ein Glas Wein. Das wollen wir heute auch machen. Weißt du noch, was dein letztes Glas Wein war?
Sara:
Ja, das war ein Sauvignon Blanc, der war sehr gut, obwohl ich eigentlich ein Rotweintrinker bin. Aber ich finde, wenn es warm ist, ist Weißwein süffiger.

Theresa: Ich habe mich natürlich auch schlaugemacht und in Erfahrung gebracht, was du gern trinkst, damit wir das Passende mitbringen. Es wurde mir gesagt, dass du gern Chablis trinkst.
Sara:
Das stimmt auch.

Theresa: Jetzt dachten wir, wir bringen was Deutsches mit, und haben einen Chardonnay dabei. Chablis ist ja immer 100 % Chardonnay und deswegen dachte ich, das wächst genauso auf Kalk wie im Burgund. Ich habe jetzt was aus Rheinhessen mitgebracht. Aber bevor wir einschenken, vielleicht eine Frage zum Kaffee, der ja in der Tat das passendere Getränk heute Morgen wäre. Ist es bei dir so, dass du das tatsächlich auch richtig zelebrierst?
Sara:
Ja, total. Ich habe auch alles an Equipment, von der Siebträgermaschine bis zur Mühle. Ich und mein Partner, wir haben da eine Wissenschaft daraus gemacht, obwohl ich gar nicht so ein Nerd sein möchte. Aber es ist tatsächlich so, dass Kaffee und Wein so viele Parallelen haben. Während es für Wein Tausende von Produzenten und auch Bücher gibt, ist es beim Kaffee noch gar nicht der Fall. Das fängt jetzt erst an, dass man sich damit auseinandersetzt. Was für eine Varietät, wie ist die Aufbereitung usw.? Wenn man es genau nimmt, hat die Kaffeekirsche – die Kaffeebohne ist ja der Kern der Kirsche – viel mehr Geschmackskomponenten als der Wein. Wenn man bedenkt, dass wir aber eigentlich überdurchschnittlich schlechten Kaffee trinken im Vergleich dazu, dass wir beim Wein wirklich eine Wissenschaft daraus machen und man das theoretisch genauso mit dem Kaffee tun könnte … aber wir sind leider noch nicht so weit.

Theresa Olkus hat Sara Nuru ein »Besüchle« abgestattet. Sie trafen sich in Saras neuer Heimat Zürich. Foto: Lucas Pretzel

Theresa: Ja, absolut spannend. Die Säure, die Sensorik, vieles ist ähnlich. Euer Credo ist ja: »Kaffee trinken, Frauen fördern!« Es geht also nicht nur darum, zu gucken, wo wächst das Beste, sondern erst mal zu schauen, wo haben wir die besten Bedingungen, wo können wir fördern?
Sara:
Genau. Und es ist tatsächlich so, dass wir uns auf die Herkunft spezialisiert haben. Wir haben ausschließlich äthiopischen Kaffee. Der äthiopische Kaffee ist zu 100 % Arabica-Bohne. Aber auch da gibt es extreme Vielfalt: Herkunft, Anbauhöhe, Bodenbeschaffenheit. Aber wir betrachten auch die soziale Komponente. Wie wird der Kaffee hergestellt? Unter welchen Arbeitsbedingungen? Trotzdem soll die Qualität nicht darunter leiden. Das bedeutet wiederum, dass wir natürlich limitierter sind, was die Auswahl angeht, weil wir eben nicht zu kolumbianischem oder brasilianischem Kaffee greifen, sondern uns auf Äthiopien konzentriert haben.

Theresa: Du hast das Unternehmen zusammen mit deiner Schwester Sali aufgebaut. Euer Business ist quasi ein richtiges Familienbusiness. Das ist auch ein bisschen ähnlich wie in den Weingütern, wo es oft auch die ganze Familie betrifft, wo die Kinder damit aufwachsen und dann oft Winzerin oder Winzer lernen. Jetzt ist es aber bei euch nicht so, dass es die Rösterei oder den Kaffee Nuru seit 1900 irgendwas gibt, sondern es ist eigentlich eher ein Start-up, könnte man sagen.
Sara:
Die Philosophie von Start-ups ist ja ganz oft, schnell möglichst groß zu werden und dann bestenfalls zu verkaufen. Das ist nicht unser Antrieb. Deswegen sehen meine Schwester Sali und ich und uns nicht als Start-up, sondern eher als Social Business, das langfristig angelegt ist.

Theresa: Es ist ja auch ein landwirtschaftliches Erzeugnis. Ein Produkt braucht Zeit und da braucht man auch Geduld.
Sara:
Ja, vor allem Geduld. Es ist ein Naturprodukt, das beeinflusst wird von der Umwelt und dem Klimawandel. Deshalb ist es auch wichtig, dass wir agil sind und uns anpassen und lieber kleine Schritte machen, aber dafür in die richtige Richtung gehen.

Sara Nuru ist ihn ihrem Kaffeebusiness vor allem für das Marketing zuständig. Ihre Schwester hat im Verkauf/Vertrieb den Hut auf. Foto: Lucas Pretzel

Theresa: Definitiv. Und wie ist das eigentlich? Weil beim Wein hat man nur einmal im Jahr die Chance, es richtig zu machen, sozusagen, bei der Ernte. Erntet man Kaffee auch nur einmal pro Jahr?
Sara:
Es ist ein längerer Prozess. Es beginnt im Oktober und kann bis in den Februar gehen. Auch deshalb, weil unser äthiopischer Kaffee bei den Bäuerinnen und Bauern quasi im Garten wächst und nicht auf klassischen Plantagen, wo es eine Monokultur gibt. Ich habe mich zu Beginn wirklich geschämt, wie wenig Ahnung ich von der Herstellung hatte. Wie wird er aufgebrüht, wie wurde der Kaffee geröstet? Was ist das für ein Blend, also was für eine Mischung? Darauf konzentriert man sich, aber nicht auf den Prozess davor, also auf den Anfang der Wertschöpfungskette. Und da habe ich extrem viel von den Bäuerinnen gelernt, auch über die Missstände, die vor Ort herrschen.

Theresa: Wirtschaftliche Missstände.
Sara:
Ja, die wirtschaftliche Seite. Es sind letztendlich die Frauen, die die meiste vorgelagerte Arbeit machen, aber bei der Vermarktung, wo das Geld verdient wird, kaum eine Rolle spielen. Es ist wichtig, den Frauen wirklich existenzsichernde Löhne zu bezahlen und aufzuklären. Dazu gehört, dass wir, die Produzenten, darüber sprechen und ein Bewusstsein schaffen. Ich glaube, erst wenn das Bewusstsein da ist, gibt es die Bereitschaft, auch mehr für das Produkt zu zahlen. Aus Sicht der Konsumenten ist es natürlich auch eine finanzielle Sache. Dass man Nachhaltigkeit gut findet und faire Löhne zahlen möchte, ist, glaube ich, selbstredend. Aber nicht jeder kann sich das leisten. Es ist ein guter Anfang, wenn man sich jetzt überlegt: Wie viel ist mir das wert?

Theresa: Wie machst du das beim Wein? Wie gehst du ganz persönlich vor, wenn du Wein aussuchst? Wonach guckst du?
Sara:
Also, ich muss ehrlich sagen, erst seit ich mich mit dem Herstellungsprozess von Kaffee auseinandergesetzt habe und verstanden habe, was eigentlich dahintersteckt, hat mich natürlich auch alles andere interessiert. Und ich durfte vor ein paar Jahren das erste Mal bei einer Weinlese mitmachen. Die Familie meines Partners produziert auch Wein. Da habe ich zum ersten Mal gesehen und verstanden, worauf es ankommt. Zu Hause haben wir sehr viele Bücher darüber, da habe ich mich eingelesen über die verschiedenen Herkünfte, sei es Piemont oder Bordeaux. Und wir sind ab und zu in Weinregionen, um uns alles anzuschauen.

Was bringt die Zukunft? Neue Business-Ideen! Neben Kaffee gibt es künftig womöglich auch die passenden Tassen im Angebot. Foto: Lucas Pretzel

Theresa: Warst du schon mal in Rheinhessen, weil hier kommt der Wein heute her.
Sara:
Nein, leider nicht. Aber ich war schon an der Mosel. Das fand ich total toll, da haben wir eine Tour gemacht.

Theresa: Ja, die Mosel ist eindrucksvoll. Rheinhessen auch. Der Wein, den ich mitgebracht habe, kommt nördlich von Mainz her, das ist in Appenheim. Das sind zwei Brüder, die, wie ich finde, extrem guten Chardonnay machen. Und jetzt würde ich einfach sagen: Prost.
Sara:
Stoßen wir an. Schön, dass es geklappt hat.

Theresa: Hmmm, ist natürlich trotzdem am Ende anders als aus dem Burgund. Aber ich finde es doch überraschend, wie schön und wie knackig und frisch die Sachen immer sind.
Sara:
Und wie wurde der ausgebaut? (lacht) Jetzt kommt der Nerd raus. Eigentlich müsste man das ja rausschmecken, ob der im Holzfass ausgebaut wurde oder im Stahltank.

Theresa: Tatsächlich ist er im großen Holz ausgebaut. Das gibt ihm neben dieser Frische auch eine Cremigkeit. Ich finde ja, es braucht immer Mut. Also, bei der Landwirtschaft sowieso, weil man eben von der Natur so abhängig ist, aber natürlich auch, wenn man ein Social Business gründet. Wie würdest du dich selbst betiteln? Wahrscheinlich nicht mehr nur als »Model«, sondern wohl eher als »Unternehmerin«?
Sara:
Diese Frage hätte ich vor sechs Jahren nicht beantworten können. Heute würde ich ganz klar sagen: In erster Linie bin ich Unternehmerin. Ich erlebe es noch ganz oft, dass viele nicht verstehen, dass Model sein und unternehmerisch tätig sein sich nicht ausschließen. Die Vorurteile, gerade im Kontext von »Germany’s Next Topmodel«, wo bei vielen die Alarmglocken schrillen, sind nach wie vor da.

Theresa: Ich würde vorschlagen, dass wir neben dem Glas Wein noch einen Kaffee zusammen trinken. Ich habe mich gefreut, dass es heute geklappt hat. Vielen Dank, Sara.
Sara:
Sehr gern.

Foto: Lucas Pretzel

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