Bei mir waren es die Video-Calls. Ich habe meine Wohnung noch nie so genau betrachtet wie in dem kleinen Fenster bei Microsoft Teams oder Zoom: Müsste der Wäscheberg weg? Das mit der Jalousie könnte man eleganter lösen. Plötzlich verstehe ich die Sehnsucht danach, weniger Kram zu besitzen. Oder ihn wenigstens nicht die ganze Zeit sehen zu müssen.
Minimalismus, die bewusste Beschränkung auf das Nötigste, soll auch ins Wohnen Struktur und wohltuende Ruhe bringen. Das klingt gut, aber wie bekomme ich meine Wohnung – und damit vermutlich auch ein bisschen mein Leben – in den Griff? Und wie geht das mit dem minimalistisch Einrichten überhaupt?
Wie funktioniert minimalistisches Wohnen?
Einer, der sich mit Wohnen und Einrichten auskennt und überdies auch noch Minimalismus-Fan, ist Joris Tummers. Er ist Creative Director und Planer für Innenarchitektur Home & Business beim Einrichtungshaus Mathes. Er sagt: „Minimalismus bedeutet für mich, sich auf schöne Basisformen zurückzubesinnen. Wenn man in den Raum kommt, soll der Blick zur Ruhe kommen und man soll sich wohlfühlen.“
Das spricht eher gegen Wäscheberge und mit der Zeit auf die schiefe Bahn geratene Jalousien. Für Joris Tummers bedeutet Minimalismus aber nicht, dass nie etwas herumliegen darf oder die Wohnung – bis auf ein paar wenige Möbel mit klaren Linien – leer sein muss.
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„Manche Leute denken, Minimalismus sei langweilig oder kalt“, sagt er. Das sehe er anders. „Im Grunde passen fast alle Einrichtungsstile dazu, nicht nur Le-Corbusier-Stahlrohrmöbel, wie es das Klischee will. Natürliche Farben und Materialien wie zum Beispiel massives Holz passen super, aber darauf ist man nicht beschränkt.“ Das Wichtigste sei für ihn, dass die Einrichtung zum Menschen passt, der damit wohnen soll. Der müsse sich wohlfühlen. „Niemand will das Gefühl haben, in einem Möbelhauskatalog zu wohnen.“
Das unterschreibe ich sofort. Und was das über die Jahre zusammengewohnte Chaos anbelangt – so richtig wohl fühlt man sich in einer zugekramten Wohnung auch nicht. Der Einrichtungsexperte empfiehlt – Aufräumen: „Aufräumen ist zumindest für mich eine wunderbare Art, den Kopf zu sortieren. Aber natürlich muss jeder probieren, ob das für ihn auch so ist.“ Klingt ein bisschen nach Marie Kondo, aber tatsächlich kennt wohl jeder die innere Befreiung, die mit Aufräumen und Wegwerfen einhergeht.
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Sich von Überflüssigem trennen, Klarheit und Ruhe schaffen – das klingt wie ein Traum für Business-Call-geplagte Großstädter. Wer im Kopf und in der Wohnung Ordnung schaffen will, aber nur wenige Quadratmeter zur Verfügung hat, für den hat Tummers außerdem eine gute Nachricht: „Minimalismus funktioniert gerade in kleineren Wohnungen. Dort kann man minimalisieren und man hat trotzdem alles, was man braucht. Gerade in kleinen Wohnungen mit weniger Platz ist es wichtig, dass man dort einen Ort hat, wo man zur Ruhe kommt.“
Aber wie geht das jetzt genau, wenn man seine Wohnung „minimalisieren“ will?
„Wie man genau einrichtet, ist natürlich sehr abhängig vom Raum, vom Gebäude insgesamt und von den Menschen, die dort leben“, sagt Joris Tummers. Allgemein ist es wichtig, nicht zu viele Highlights zu setzen und ausgewählten Stücken auch die Luft und den Raum zu geben, die sie brauchen, um zu wirken.“
Über diese Kolumne
Jeder, der ein Dach über dem Kopf hat, wohnt. Aber wer von uns weiß wirklich, was beim Einrichten oder Umräumen tut? Wie kommen besondere Möbelstücke gut zur Geltung, was mache ich mit hässlichen Dekogeschenken aus der Familie und wie wirken meine Räume ideal – auch in Videokonferenzen? Welche Trends sollte ich mitmachen, wovon sollte ich besser die Finger lassen? Diese Frage beantworten wir in der Kolumne „Wie geht Wohnen?“ mit der Hilfe von Expertinnen und Experten.