SZ-Magazin: Herr Voderholzer, die meisten Menschen hierzulande haben sich schon mal ein Stück Kuchen gegönnt, um sich in einer stressigen Situation ein gutes Gefühl zu geben. Ist das schon problematisch oder kann man das als Ausrutscher abtun?
Ulrich Voderholzer: Jeder Mensch war schon mal gefrustet, kennt vielleicht Einsamkeit oder einfach Langeweile. Wer mal versucht, diese negativen Gefühle mit Essen zu regulieren, ist nicht gleich krank. Essen regt das Belohnungssystem im Gehirn an, Dopamin wird ausgestoßen. Das gibt uns kurzfristig ein gutes Gefühl. Wenn sich aber ein regelhaftes Muster abzeichnet, können Probleme entstehen. Wer ständig seine Gefühle mit Essen reguliert, ist gefährdet, in ein gestörtes Essverhalten abzurutschen. Bei einer Binge-Eating-Störung ist es aber nicht bloß das eine Stück Kuchen zu viel. Da sprechen wir von richtigen Essattacken.
»Wer ständig seine Gefühle mit Essen reguliert, ist gefährdet«
Viele Menschen kennen Phasen, in denen man sich gut ernährt, und Phasen, in denen man über die Stränge schlägt. Aber was ist punktuelles Frustessen und was eine beginnende Binge-Eating-Spirale? Essstörungs-Experte Ulrich Voderholzer über Warnsignale.