SZ-Magazin: Frau Hofmann, warum landen wir so oft bei Floskeln wie »Alles wird gut« oder »Das wir schon wieder«, wenn wir jemanden trösten wollen?
Madeleine Hofmann: Wenn ein uns nahestehender Mensch traurig ist, haben wir das Bedürfnis, diesen Zustand sofort zu verbessern. Dabei müssen wir das gar nicht. Man darf traurig sein – und es dauert, bis man überhaupt in der Lage ist, Trost zu empfangen.
Sie selbst sind 2019 mit Anfang 30 an Brustkrebs erkrankt und haben viele gutgemeinte Ratschläge gehört. Aber eben auch Floskeln und schräge Vergleiche, wie Sie in Ihrem Buch Trost schreiben.
Gerade zu Beginn hörte ich Sätze wie: »Du hast ja immer so viel Stress.« Das hat mir das Gefühl gegeben, selbst schuld zu sein an meiner Erkrankung. Der anderen Person hat es wohl geholfen, sich abzugrenzen. Nach dem Motto: Ich habe weniger Stress, mich wird es schon nicht treffen. Vergleiche und Ratschläge sind aber generell schwierig, wenn sie zu früh kommen. Direkt nach der Diagnose will niemand hören: »Übrigens, meine Nachbarin hatte auch Brustkrebs.« Anders ist es, wenn jemand später vorsichtig anbietet: »Würde es dir helfen, wenn ich den Kontakt zu einer anderen Betroffenen herstelle?« Es kommt auf den richtigen Ton und Zeitpunkt an.
