SZ-Magazin: Frau Sehrt, »Ich liebe dich nicht mehr« ist ein häufiger Trennungsgrund. Sollte man sich denn direkt Schluss machen, wenn die Gefühle weg sind?
Nele Sehrt: Das muss man erst einmal aufdröseln. Verliebtheit und Beziehungsglück sind fluide Prozesse. Das bedeutet: In einer Beziehung darf das Gefühl der Liebe mal mehr und mal weniger präsent sein. Manchmal bin ich genervt von meinem Partner, dann wieder total verliebt, und dann fühle ich beides gleichzeitig. Es ist durchaus normal, dass Gefühle in Phasen einer Beziehung in den Hintergrund treten. Wenn mein Partner und ich drei Kinder zu Hause haben, das eine schreit, das andere hat gerade in die Windeln gemacht, und das dritte hat mich angekotzt, dann geht es in dem Moment nicht, eine große Verliebtheit zu spüren. Und das ist okay, deshalb muss man sich nicht gleich trennen. Anders ist es, wenn einem die andere Person egal wird. Dann hat die Beziehung tatsächlich ein Problem.
»Deshalb muss man sich nicht gleich trennen«
Schwindende Gefühle müssen nicht das Ende einer Beziehung bedeuten – sagt die Paar- und Sexualtherapeutin Nele Sehrt. Woran merkt man, ob es ein fundamentales Problem gibt oder man nur in eine neue Phase kommt? Und wie kann man die Verliebtheit füreinander wieder entdecken? Ein ermutigendes Gespräch.