»Wenn Jugendliche jetzt Partys feiern, halten sie uns den Spiegel vor«

Der Bindungsforscher Karl Heinz Brisch glaubt, dass die widersprüchlichen Corona-Regeln junge Menschen verunsichern – dabei brauchen sie gerade besonders viel Stabilität und Vertrauen. Ein Gespräch über Erziehung früher und heute, die Langzeitfolgen der Pandemie und darüber, was Kinder stark macht. 

Jugendliche am Tag des Schulbeginns nach den Sommerferien.

Foto: AFP

SZ-Magazin: Herr Brisch, wie ist die aktuelle Corona-Politik aus Sicht der Kinder zu bewerten?
Karl Heinz Brisch: Kindern geht es immer dann gut, wenn sie klare Normen vorfinden, Regeln, die logisch, konsequent und sinnvoll sind. Die Corona-Regeln sind aber eher widersprüchlich und teilweise chaotisch: Da fahren Kinder eng zusammengepfercht im Schulbus, um anschließend in der Klasse Abstände einhalten zu müssen. Und heute besteht im Unterricht Maskenpflicht, nächste Woche schon wieder nicht. Oder wir Erwachsenen sagen ihnen, dass jetzt alles wieder normal läuft, aber das ist ja eine Mär. Da brauchen wir uns nicht zu wundern, wenn die Kinder und Jugendlichen selbst ein paar unlogische Sachen machen und zum Beispiel ausgelassene Partys feiern. Sie halten uns den Spiegel vor! Aber, um nicht falsch verstanden zu werden: Corona ist ein gefährliches Virus, das viele schwerwiegende Folgeerkrankungen und im schlimmsten Fall den Tod mit sich bringen kann. Daher sind Schutzmaßnahmen absolut notwendig und sinnvoll.