»Backen hat etwas sehr Meditatives«

Plötzlich ist Hefe wertvoller als Rohöl – alle backen Brot. Walter Mayer hat über das Brotbacken ein ganzes Buch geschrieben. Und weiß: Beim Backen verknetet man seine Neurosen.

Teigkneten geht nicht nur in die Arme – sondern auch in den Kopf.

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SZ-Magazin: Seit dem Shutdown backen die Menschen viel Brot. Sie auch?
Walter Mayer: Bisher nicht. Von meinem Sohn habe ich heute ein Foto bekommen, er hat ein Brot gebacken. Aber er backt sicher nicht, weil ich ein Brotbuch geschrieben habe. Wir haben doch alle mitbekommen: Die Hefe ist aus. Denn die jungen Menschen backen jetzt selbstständig.

Was ist so besonders daran, Brot zu backen?
Du hast das Gefühl, es wirklich herzustellen. Du gehst mit beiden Händen in den Teig. Du formst es, bist ganz nah dran am Prozess. Und es ist etwas, das du in verschiedenen Entwicklungsstufen anfassen kannst, vom Mehl zum Teig zum fertigen Brot, jede dieser Phasen fühlt sich ganz anders an. Du kannst Einfluss nehmen: Welches Mehl verwendest du, wie würzt du es? Wenn du die Kunst des Brotbackens beherrschst, schaffst du den Geschmack, die Konsistenz, die Form. Das ist anders, wenn du zum Beispiel Fleisch verarbeitest. Da hast du ein fast fertiges Produkt, das du veränderst. Etwas in den Ofen zu schieben hat eine andere Urkraft als etwas einfach nur zu erhitzen.