SZ-Magazin: Nehmen wir an, Sie behandeln eine Frau mit Depressionen. Sie kommt in Ihre Praxis und sagt, sie wünscht sich ein Kind. Was entgegnen Sie?
Johanna Kunze: Ich freue mich! Eine psychische Erkrankung ist kein Grund, kein Kind zu bekommen. Wichtig ist, dass man sich beraten lässt und Vorsorge trifft. Die Planung ist das A und O. Denn es gibt ein hohes Risiko, dass die Krankheit nach der Schwangerschaft wieder ausbricht. Wir können sie aber gut darauf vorbereiten.
Wie sieht diese Vorbereitung aus?
Regelmäßige Termine mit dem Therapeuten, aber auch ein stabiles soziales Netz drumherum sind wichtig: Partner oder Partnerin, Eltern, Freunde, auch Nachbarn. Die Mutter sollte dafür sorgen, dass es Menschen gibt, die einspringen können, wenn es ihr schlecht geht. Mit den entsprechenden Personen sollte man im Vorfeld besprechen, wie man mit einem Notfall umgehen kann. Wichtig ist auch die Geburtssituation. Viele Frauen erleben, dass das Personal verunsichert oder sogar diskriminierend reagiert, wenn sie ihre Diagnose angeben. Deshalb sage ich den Frauen: Sie sind die Chefin, Sie kennen sich am besten mit Ihrer Erkrankung aus. Wir machen vorher einen Plan, schreiben bei Bedarf einen Brief für die Klinik, und die Frauen nehmen ihre Antidepressiva selbst mit.
