Ein Teppich aus Ginkgo-Blättern bedeckt die Auffahrt zum Haus des Ehepaares Grossmann, darauf liegt eine dünne Schicht ersten Schnees. Links neben der Haustür lehnen Gehstöcke und Schirme, rechts parkt ein Rollator. Karin Grossmann ist 83 Jahre, ihr Mann Klaus Grossmann 90 Jahre alt. Die beiden haben ein langes, gemeinsames Leben als Forschende hinter sich. Wer in Deutschland Psychologie studiert, kommt an ihnen nicht vorbei. Die Grossmanns – oder wie sie in der Wissenschaft zitiert werden: Grossmann, Karin, Grossmann, Klaus E., haben Zeit ihres Lebens untersucht, wie sichere Bindungen zwischen Eltern und Kindern gelingen. Bindungen, die stabil und belastbar sind, die Freude machen und Trost spenden. Was haben Familien, in deren Mitte man sich gern aufhält und geborgen fühlt, anders gemacht als andere? Ein Novembervormittag in Regensburg, wo sie heute leben. Karin Grossmann bittet herein, auf dem Tisch stehen Zimtplätzchen und Tee, der Blick geht raus in den Garten mit Schaukel und Kletterstange – für die beiden Urenkelkinder. Es ist der erste Schneetag in Bayern, alles glitzert unter der Wintersonne.
»Viele erwachsene Kinder sind Parent-Pleaser«
Das Psychologen-Ehepaar Karin und Klaus Grossmann hat wie kein anderes die Beziehung zwischen Eltern und Kindern erforscht: Wie entsteht eine sichere Bindung? Und warum stellt Weihnachten auch die glücklichste Familie auf die Probe? Ein Gespräch über die lebenslange Autorität der Eltern und Kinder, die sich selbst verleugnen.

Karin und Klaus Grossmann, 83 und 90 Jahre alt, haben Zeit ihres Lebens untersucht, wie sichere Bindungen zwischen Eltern und Kindern gelingen. Seit 64 Jahren sind sie verheiratet, ihre eigenen Kinder sind heute 58 und 62 Jahre alt.
Foto: Anna Aicher