SZ-Magazin: Herr Ufer, Sie waren mehr als fünfzig Jahre lang einer der meistbeschäftigten Rechtsanwälte Deutschlands. Gemeinsam mit Ihrem Kanzleipartner Rolf Bossi hatten Sie die ganz großen Fälle des Landes. Wenn Sie heute zurückblicken: Haben Sie oft Freisprüche erwirkt, obwohl die Angeklagten schuldig waren?
Steffen Ufer: Meistens erfährt man das ja erst später. Oder man ahnt es. Die meisten Anklagen haben durchaus Substanz. Ich habe zum Beispiel einen Mann verteidigt, da ging es um Raub, er wurde freigesprochen, aus Mangel an Beweisen. Ich habe dem hinterher gesagt, mein lieber Freund, einmal im Leben hast du so ein Glück, aber wenn du noch einmal irgendwas anstellst, dann kriegst du zehn Jahre, und die hättest du jetzt auch kriegen müssen.
»Für Moral war ich nicht zuständig«
Steffen Ufer, einer der bedeutendsten Strafverteidiger des Landes, blickt zurück auf fünfzig Jahre deutsche Rechtsgeschichte. Ein Gespräch über Affekttäter, Urteile, die ihm keine Ruhe lassen und seine Anrufe bei Gerhard Schröder.