Frau Kessler, wenn man einen nahen Menschen verloren hat, schmerzt das vermutlich das ganze Jahr über. Was genau ist an Weihnachten besonders?
Verena Kessler (Name geändert): Das erste Weihnachten nach dem Tod meines Mannes war ganz besonders schlimm. Er war bei einem Verkehrsunfall 2021 verunglückt. Unsere 24-jährige Tochter saß mit im Auto und hat schwerverletzt überlebt. Die Welt, die vorher in Ordnung war, war für mich auf einmal dunkel – als wäre eine Bombe eingeschlagen. Ich war damals 55 Jahre alt, und Weihnachten war in unserer Familie immer schön gewesen. Wir haben jedes Jahr Pute aus dem Ofen gegessen, nach einem Rezept meiner Schwiegermutter, bei der Bescherung waren unsere drei Kinder außer Rand und Band. Aber wie soll etwas wieder schön werden, wenn mein Mann fehlt? Ich hatte Angst vor Weihnachten. Wie sollten wir feiern, wenn wir einfach nur traurig waren? Diese Angst vor dem Fest hat aber dazu geführt, dass ich mir Hilfe gesucht habe.
»Die Trauer darf da sein, auch an Weihnachten«
Wie übersteht man das erste Fest ohne den geliebten Menschen? Eine Witwe und ihre Trauerbegleiterin erzählen, was hilft: kleinschrittige Planungsfragen, liebevolle Rituale und die Erkenntnis, dass das zweite Jahr schon leichter wird.