SZ-Magazin: Eine Freundin erzählte mir kürzlich, dass sie enttäuscht und wütend auf ihren Partner wurde, als dieser verreist war und sich unregelmäßig meldete. Dass es an der Zeitverschiebung und dem schlechten Internetzugang lag, änderte an dem Gefühl der Alleingelassenheit nichts.
Claudia Brinkmann: Wenn ich mich nicht gut fühle, wenn mein Partner weg ist, hat das in den seltensten Fällen etwas mit der Beziehungsqualität zu tun. Der Grund dafür liegt eher in mir selbst – in meinen vergangenen Erlebnissen und Enttäuschungen, die ich in der Partnerschaft wieder spüre. Dafür gibt es den bekannten Begriff des inneren Kindes. Er beschreibt unsere Erinnerungen an Erfahrungen und Gefühle aus der Kindheit, die in solchen Situationen geweckt werden. Angenommen, jemand hat keine Pläne oder Verabredungen für das Wochenende, dann kann es sein, dass er sich sehr allein fühlt, weil die Situation das innere Kind an ein Erlebnis erinnert, bei dem es sich zum Beispiel von seiner Bezugsperson vernachlässigt gefühlt hat.
»Man schämt sich, weil man sich bedürftig fühlt«
Jede Beziehung braucht Nähe und Distanz. Die Paarberaterin Claudia Brinkmann verrät, warum sich viele Menschen trotzdem im Stich gelassen fühlen, sobald der andere weg ist – und wie man lernt, besser allein zu sein.