SZ-Magazin: Herr Ghandour, in Ihrem Buch Liebe, Sex und Allah: Das unterdrückte erotische Erbe der Muslime zitieren Sie arabische Dichterinnen, die ihre Vulva feiern, und islamische Gelehrte, die Sextipps geben. Sie sagen sogar, das Vorspiel sei eine islamische Tradition, die über die arabische Welt ins mittelalterliche Europa gekommen sei. Wie kommen Sie darauf?
Ali Ghandour: Der Prophet Mohammed wollte, dass Männer und Frauen gleichermaßen Spaß am Sex haben. In einer Überlieferung sprach er direkt zu den Männern: »Schlafe mit der Frau erst, wenn sie die gleiche Lust wie du empfindet.« Die Männer sollten nicht wie Tiere über die Frauen herfallen, sondern die weibliche Lust ernst nehmen und befriedigen, sagte er. Das war im 7. Jahrhundert – und damit alles andere als eine Selbstverständlichkeit. Ich meine, muslimische Gelehrte schrieben vor Jahrhunderten bereits über den Cunnilingus oder über Petting (er spricht leiser und blickt im Café, wo das Interview stattfindet, nach rechts). Die am Nebentisch denken jetzt schon, ich bin ein Perversling …
»Wer Mohammeds Ratschläge befolgt, ist ein besserer Liebhaber«
Der muslimische Theologe Ali Ghandour fordert eine Besinnung der Muslime auf ihre erotischen Traditionen – und auf die gute alte Regel, dass die weibliche Lust mindestens so wichtig ist wie die männliche.