»Essen, auf das so viel Zeit verwandt wird, ist kein Genuss mehr« 

Glutenfrei, zuckerarm, laktosefrei: Der Wunsch nach gesunder Ernährung ist allgegenwärtig, er kann aber auch zum Zwang werden. Die Expertin Friederike Barthels erklärt, ab wann gesundes Essverhalten krankhaft wird und warum die meisten Betroffenen viel zu spät merken, dass sie ein Problem haben.

»Gesunde Ernährung an sich ist ja gut und erstrebenswert. Nur wenn sie in psychisches Leid ausartet, wird es schwierig.«

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SZ-Magazin: Frau Barthels, ich erlebe Abende, an denen nur über Ernährung gesprochen wird, gesunde Ernährung, die einzig richtige Ernährung. Vor einem Essen schicken Leute ihren Freunden eine Liste von Dingen, die sie nicht vertragen. Andere nehmen ihr Essen mit in die Arbeit und auf die Party, weil sie glauben, dort gibt es nichts, das sie essen können. Was ist da los?
Friederike Barthels: Manche Menschen befassen sich sehr intensiv damit, was und wieviel in welcher Kombination und aus welchen Quellen sie essen, um auf ihre Gesundheit Einfluss zu nehmen. Sie möchten gesünder leben, Krankheiten vorbeugen, Krankheiten vielleicht auch heilen. Und dieses Verhalten, das ursprünglich aus einer positiven Intention resultiert, kann in manchen Fällen essstörungsähnliche Ausmaße annehmen. Das bezeichnet man als Orthorexie oder orthorektisches Ernährungsverhalten.