SZ-Magazin: Frau Kern, analog zu »Nose to Tail« in der Fleischküche geht es in der »Leaf to Root«-Bewegung darum, Obst und vor allem Gemüse vom Blatt bis zur Wurzel zu verarbeiten. Das ist nachhaltig – aber lohnt es sich auch geschmacklich?
Esther Kern: Auf jeden Fall. Radieschenblätter zum Beispiel schmecken leicht scharf, ein bisschen wie Rucola. Karottenkraut ist leicht bitter, wenn man es mit Karotten isst, balanciert das deren Süße aus. Die »Second Cuts«, wie ich die Teile nenne, die für gewöhnlich nicht gegessen werden, enthalten oft mehr Bitterstoffe als die »Filetstücke« von Gemüsen und Früchten, und man schmeckt die botanische Verwandtschaft heraus. Bei Fenchel zum Beispiel den Anis, den man in der Knolle zwar merkt, aber im Kraut noch intensiver. Aus Fenchelkraut kann man ein Pesto mit Mandeln und Zitrone machen, das ist für mich das beste Pesto überhaupt. Dafür kauft man am besten einen ganzen Fenchel auf dem Markt, mit viel Grün.
»Da hat man zwei Gemüse in einem«
Karottengrün, Kohlrabiblätter oder Wassermelonenschalen: Esther Kern verwendet Gemüse grundsätzlich vom Blatt bis zur Wurzel. Sie verrät, welche vergessenen Gemüseteile besonders gut schmecken – und bei welchen Sprossen man vorsichtig sein sollte.

Esther Kern ist Food-Journalistin, Kochbuchautorin, Gemüse-Scout, Initiatorin und Namensgeberin der »Leaf to Root«-Bewegung. Sie lebt in Zürich und gibt Seminare zum Thema. Für ihr neues Buch »Leaf to Root – Express« (AT-Verlag) hat sie alltagstaugliche Rezepte kreiert und gesammelt. Im Mittelpunkt stehen 20 Obst- und Gemüsesorten, die man im Supermarkt bekommt.
Fotos: Linda Kastrati, AT Verlag