Schweres Erbe

Lejla Damon wurde als Baby einer im Bosnienkrieg vergewaltigten Frau geboren. Ein britisches Kriegsberichterstatter-Ehepaar adoptierte sie, Lejla wuchs in London auf. Jetzt stellt sie sich ihrer Herkunft. Hier erzählen sie und ihre Adoptiveltern ihre Geschichte.

Lejla Damon, 26, lebt derzeit in Manchester, hat dort ihren Master of Business Administration gemacht und angefangen, für kleine Unternehmen im Marketing zu arbeiten.

Foto: Armin Smailovic/Agentur Focus

Siân Damon: Wir haben Sarajewo mit Lejla verlassen, als sie neun Tage alt war, am 3. Januar 1993. Nach unseren Erfahrungen in dem Land hatte dieses Baby keine tollen Aussichten. Mit den bosnischen Behörden kamen wir gut aus. Wir wollten Lejla nicht rausschmuggeln, wir wollten sie legal mit uns mitnehmen. Wir wollten sie adoptieren.

Dan Damon: Lejla haben wir nie im Unklaren über ihre Geschichte gelassen. Wir haben ihr immer so viel erzählt, wie sie verstehen konnte. Als sie klein war, sagten wir ihr, dass die Mutter, die sie in ihrem Bauch gehabt hatte, wegen des Krieges nicht für sie sorgen konnte. Erst mit 18 haben wir ihr fast die ganze Geschichte erzählt.

Lejla Damon: Ich habe früh verstanden, dass ich kein leibliches Kind meiner Eltern bin. Was man so versteht mit sechs oder sieben. Seit ich denken kann, weiß ich, dass ich in Bosnien geboren wurde. Aber ich wusste lange nicht, wo Bosnien war, ich wusste natürlich auch nichts vom Krieg und den Umständen, dafür war ich viel zu jung.

Siân Damon: Das Baby kam am 25. Dezember. Weihnachten. Wir wohnten im Kosevo-Krankenhaus in Sarajewo, nicht im »Holiday Inn« mit den anderen Journalisten. So haben wir von der Frau erfahren, die monatelang in einem serbischen Gefangenenlager vergewaltigt worden war und im Krankenhaus ein Kind zur Welt gebracht hatte. Wir haben sie drei Tage nach der Geburt interviewt. Also, ich habe sie interviewt.

Dan Damon: Ich dachte, sie möchte sicher nicht mit einem Mann sprechen, nach allem, was sie erlebt hat. Wir haben damals für Sky News gearbeitet, ich als Journalist, Siân war Kamerafrau, wir waren schon sechs Monate lang in diesem Krieg unterwegs.

Siân Damon: Wie viele dieser Frauen in Bosnien wollte sie nicht, dass man ihr Gesicht erkennt, also filmten wir sie von der Seite. Sie sagte, zum Glück ist es kein Junge, sonst würde er heranwachsen zu einem dieser Männer, die mir das angetan haben. Sie wollte das Baby nicht sehen, aus Angst, es umbringen zu wollen.