SZ-Magazin: Herr Nieuwdorp, stimmt es, dass die Sexualhormone einen größeren Einfluss auf uns Menschen haben als die meisten anderen Hormone?
Max Nieuwdorp: Es existiert quasi eine Hormonhierarchie, ja. Die Sexualhormone – wie übrigens auch die Schilddrüsenhormone – sind ziemlich weit oben, Wachstums- oder Stresshormone viel weiter unten. Die Sexualhormone haben einen sehr starken Effekt auf unseren Energiehaushalt, das zeigt sich extrem beispielsweise in der Pubertät. Oder in den Wechseljahren bei Frauen.
Auch jenseits von Pubertät und den Wechseljahren wissen Frauen aufgrund des monatlichen Zyklus, wie hormongesteuert sie lebenslang sind.
Absolut, und das ist fast ein wenig unfair von der Biologie den Frauen gegenüber. Weil wir die Wechseljahre in der westlichen Welt und Medizin leider wie eine Krankheit betrachten. Der Körper lässt nach, und wir tun alles, um das zu verzögern oder zu verhindern. In der östlichen Welt und Medizin werden die Wechseljahre als Segen betrachtet. Die ständigen Hormonschwankungen lassen nach. Eine Frau muss keine Angst mehr haben, schwanger zu werden. Und sie kann sich endlich unabhängig von ihrem biologischen Geschlecht die verschiedensten Rollen und Aufgaben in der Gesellschaft suchen.