»Ich möchte, dass die Worte genauso hart sind wie das Leben«

Die französische Schriftstellerin Annie Ernaux erzählt in ihren Büchern immer wieder so aus ihrer Vergangenheit, dass ihre Erfahrungen alle angehen. Ein Gespräch über ihre schwierige Beziehung zur Mutter, Abtreibung, Feminismus und das Frausein.

Annie Ernaux im Wohnzimmer ihres Hauses ­in Cergy bei Paris. Das Arbeitszimmer wäre für ein Foto zu dunkel gewesen: Zum Schreiben braucht sie ein Höhlengefühl.

Annie Ernaux wurde in Frankreich schon für ihre ersten Bücher gefeiert, für Der Platz erhielt sie 1984 den renommierten Prix Renaudot. In Deutschland wurde man erst 2017 auf sie aufmerksam, als Die Jahre ins Deutsche übersetzt worden war, worin sie ihre außergewöhnliche Schreib­methode zur Vollkommenheit brachte: Annie Ernaux erzählt autobiografisch, aber alles Persönliche ist zugleich ­his­torisch, exemplarisch, soziologisch. Sie wird mit Proust verglichen, und die auch in Deutschland ziemlich bekannten Autoren Édouard Louis und Didier Eribon bezeichnen sie als ihre Meisterin. In letzter Zeit erschienen Ernaux-­Bücher nacheinander in deutscher Übersetzung, zunächst Erinnerung eines Mädchens von 2016, dann Der Platz über den Tod des Vaters, jetzt Eine Frau über den Tod der Mutter, beide in den Achtzigerjahren geschrieben.