»Nur durch die Erfahrung von Einsamkeit kann man die Erfahrung von Gemeinsamkeit machen«

Die Künstlerin Katharina Sieverding ist vor allem für ihre fotografischen Selbstporträts bekannt. Ein Gespräch über Fotoautomaten, Joseph Beuys und die Suche nach einer Wohnung, in der es keine rechten Winkel gibt.

Herlinde Koelbl/Agentur Focus

SZ-Magazin: Frau Sieverding, eine Ihrer bekanntesten Fotografien zeigt Ihr Gesicht, drum herum stecken Messer im Holz, darüber steht in Weiß der Schriftzug: »Deutschland wird deutscher«. Damit wollten Sie Anfang der Neunzigerjahre, da in Rostock Flüchtlingsunterkünfte brannten, ein Zeichen gegen den Nationalismus setzen. Wie geht es Ihnen heute, wenn Sie an die Arbeit denken?
Katharina Sieverding: Sie hat wieder eine erschreckende Aktualität. Ich werde täglich danach gefragt, diese Arbeit könnte ich gerade überall ausstellen.

Wie kam es zu dem Motiv?
Ich hatte über meine Arbeit im »Lovers Club« die Schaustellerin Kaka Lemoine näher kennengelernt, die immer weit nach Mitternacht an meine Bar kam und meinte, kannst du nicht mal mit mir auf meiner Schaubude auftreten, wenn hier Rhein-Kirmes ist? Ich war interessiert an solchen Performance-Erfahrungen außerhalb des Kunstkontextes, und so kam es zum Kirmesauftritt in zwei klassischen Schausteller-Nummern: »Messerwurf am Brett« und »Leuchtende Venus«.