»Das will ich noch mal sagen: Ihr seid alle adressiert!«

Vor einem Jahr outeten sich 185 Schauspieler*innen im SZ-Magazin als homosexuell, bisexuell, trans*, inter, queer, nicht-binär. Es folgten eine Identitätsdebatte und ähnliche Aktionen, etwa in der Kirche. Was hat sich seit »Actout« noch getan? Im Interview sprechen vier Beteiligte über Rollenangebote, neue Situationen an Sets – und die Frage, was sich noch ändern sollte.

Die Aktion »Actout« von 185 Schauspieler*innen führte Anfang 2021 zu einer großen Debatte um Identitätspolitik.

SZ-Magazin: Vor einem Jahr outeten sich 185 Schauspieler*innen im SZ-Magazin als lesbisch, schwul, bi, trans*, inter oder queer, das Schlagwort hieß »Actout«. Am Tag danach, so berichtete Ulrich Matthes der ZEIT, schlenderte er über einen Berliner Wochenmarkt, und eine Frau kam zu ihm und sagte: »Ich hab das gelesen und find Sie trotzdem als Schauspieler ganz toll.« Was haben Sie erlebt?
Eva Meckbach: Ich habe eigentlich nur positive Reaktionen bekommen, total herzlich und berührend – und wahnsinnig dankbare dafür, dass wir diese Aktion gemacht haben, aus vielen unterschiedlichen Ländern, aus ganz Europa, China, Japan, den USA. Es haben sich viele Personen aus der Branche gemeldet, Redakteur*innen, Produzent*innen, Kolleg*innen, aber auch Personen aus ganz anderen Berufszweigen. Menschen, die sagten, sie fühlten sich nicht mehr so allein. Eine Frau aus einer Kleinstadt in Baden-Württemberg, Sozialarbeiterin, die mit Jugendlichen arbeitet, seit zwanzig Jahren geoutet: Sie schrieb, dass sie als lesbische Frau eigentlich täglich Diskriminierung erfährt, und zwar vor allem von den Eltern der Jugendlichen. Und dass die Aktion ihr unglaublich viel Mut gemacht hat.
Mehmet Ateşçi: Vieles hat sich eingelöst, was ich mir im ersten Interview gewünscht hatte, nämlich ein Vorbild zu sein, wie ich es selbst nicht hatte. Für andere eine Chance zu sein, ohne anmaßend klingen zu wollen. Ich habe viele private Nachrichten bekommen von mehrfach diskriminierten Menschen, also etwa LGBTIQ* aus der türkischen Community in Deutschland, die eine Befreiung erlebt haben und sich durch mich und uns geoutet haben.
Heinrich Horwitz: Ich habe viele Nachrichten von Eltern bekommen, die gesagt haben: Mein Kind ist nicht-binär, was mache ich jetzt? Wenn wir über Role Models und Sichtbarkeit sprechen, hat Actout viel bewegt: Es folgten: Teachout, Pilotsout und OutInChurch, also Lehrer*innen outeten sich, Kirchenangehörige und Pilot*innen. Und auch Actout ist noch mal gewachsen seitdem, weitere hundert Schaupieler*innen haben das Manifest unterzeichnet.