»Wer länger keine Lust auf Sex hat, verheimlicht das oft«

Die Therapeutin Anica Plaßmann will Verständnis für Menschen schaffen, die sexuell inaktiv sind. Ein Gespräch über ein gesellschaftliches Tabu, Paare mit unterschiedlichen Bedürfnissen – und die Frage, woran es wirklich liegt, wenn in einer Beziehung das Begehren abflacht.

»Ich verspreche mir von mehr Gesprächen über Abstinenz, dass mehr Ideen ausprobiert werden, wie Leben, Partnerschaft und Liebe mit Abstinenz und ebenso mit Sex unter besseren Vorzeichen möglich ist«, sagt Plaßmann.

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SZ-Magazin: Wer keinen Sex hat, wird in unserer Gesellschaft schnell als unnormal und krank angesehen, sagen Sie.
Anica Plaßmann: Ja. Bei der Entscheidung, will ich mitmachen oder nicht, fühlen sich viele nicht frei. Es gibt ein stillschweigendes Einvernehmen in unserer Gesellschaft, wonach Sex ein grundlegender Bestandteil von Partnerschaften ist. Wer länger keine Lust auf Sex hat, verheimlicht das deshalb oft, Sexabstinenz wird zum Tabu. Ich dachte früher, der Kampf um die sexuelle Selbstbestimmung gehe zunehmend auf sein Ende zu, aber das tut er eben nicht.